:chartophylax:

Das klassische Patriarchat

Patriarchate zu Zeiten der Ökumenischen Konzilien und Kurzanalyse der Russisch-Orthodoxen Kirche anhand dieser Kriterien

Autor: Dmitrij Paschkow

10. Dezember 2008

 Kirche   orthodox 
Lesezeit: ca. 27 Minuten

Annotation

Vortrag auf der Konferenz „Zum 90. Jahrestag der Wiedererrichtung des Patriarchats in der Russisch-Orthodoxen Kirche" (Moskau, 11. Oktober 2007). Der Vortrag behandelt die Struktur eines Patriarchats als einem System von territorial-administrativer Kirchenleitung zur für die Disziplin des Kirchenrechts „maßgebenden" Periode der Ökumenischen Konzilien. Nachdem er das „klassische" Erscheinungsbild eines Patriarchats darstellt, versucht der Autor, den Zustand der Leitung der Russischen Kirche während der Moskauer, der Synodalen und der Neuen Periode ihrer Geschichte anhand der zuvor herausgearbeiteten Kriterien zu bewerten.

Manche Kirchenrechtler, von den spätbyzantinischen Kommentatoren bis hin zu unseren Zeitgenossen, entdecken die Patriarchate mit denen für sie typischen Kennzeichen schon am Beginn des 4. Jahrhunderts1. Das ist ein eindeutiger Anachronismus, denn Patriarchate hat es zu dieser Zeit noch nicht gegeben.

Bekanntermaßen hat das Konzil zu Nikaia, als es die territoriale Leitung der imperialen Kirche regelte, lediglich die niedrigste, provinziale Gliederung des Imperiums übernommen. Jede Provinz (das griechische Äquivalent dieses Begriffs ist die Eparchie, ἐπαρχία2) hatte ihre Hauptstadt, die Metrópolis (ἡ μητρόπολις). Entsprechend dem 4. und dem 5. Kanon zu Nikaia, wurden die Bischöfe, welche in den Metropolen residierten, als Metropoliten bezeichnet (οἱ μητροπολίται). Der Metropolit bekam das Recht, die Wahl eines neuen Bischofs zu bestätigen und diesen einzusetzen3, während in den vorangehenden Jahrhunderten die Meinung des Protos einfach nur berücksichtigt wurde, aber nicht über die Weihe bestimmte. Die übrigen Bischöfe, die zu einer Provinz gehörten und dem Metropoliten unterstellt waren, wurden später (III. Oek. Konzil, Kanon 2) mit dem Begriff „Eparchioten" (ἐπαρχιῶται ἐπίσκοποι)4 bezeichnet. Provinzen-Eparchien gab es in der Mitte des 4. Jahrhunderts um die Hundert, und jede besaß eine volle Autokephalie, da sie bezüglich der inneren Leitung selbständig war, vakante Cathedrae selbständig neu besetzte und die meisten inneren Probleme vermittels regulärer, zweimal im Jahr stattfindender Eparchialversammlungen löste. Auf diese Weise wurde der höchste kirchliche Titel, der mit konkreten administrativen Pflichten (nämlich dem Bestätigen bischöflicher Chirotonien und dem regelmäßigen Abhalten von Diözesanversammlungen) verbunden war, von da an der des Metropoliten. Im 6. Kanon werden drei Cathedrae genannt, die eine beständige Autorität auf vergleichsweise großen Territorien genossen, welche nicht nur aus einer, sondern aus mehreren Provinzen bestanden. Darin geht es um einige ägyptische Provinzen mit dem Zentrum Alexandria, um Italien mit Rom als Hauptstadt und um die syrischen Provinzen, die sich um Antiochia scharten. Die Leitungsstruktur dieser Gebiete blieb die gleiche, das heißt, eine zweistufige; das einzig besondere an diesen Kirchen war ihr „polyprovinzielles" Territorium anstelle des „monoprovinziellen" der übrigen Metropoliten. Mit anderen Worten, die drei Kanones bestätigen für jeden der höchsten Bischöfe die Macht über eine, oder (im Falle von Alexandria, Rom und Antiochia) „entsprechend alter Gepflogenheiten" über einige Reichsprovinzen. Zweifellos waren die drei letzteren Cathedrae durch ihre Autorität und ihr geographisches Ausmaß über die anderen erhöht, aber klassische Patriarchate waren das noch nicht. Die Eile, mit der manche Forscher bereit sind, in diesen Kanones bereits bestehende Patriarchate zu erkennen, erklärt sich durch das mechanische Übertragen der Bedingungen und Institutionen späterer Jahrhunderte auf die damalige Zeit.

Den Nachweis dafür, dass die nizänischen Väter keineswegs vorhatten, durch den 6. Kanon das eben erst konstruierte System der autokephalen Provinzen zu zerstören, finden wir im folgenden, dem 7. Kanon: „Da die Gepflogenheit und die alte Tradition sich gefestigt haben, den Bischof von Aelia5 zu ehren, so soll er das genießen, was ihm dieser Ehre nach zusteht, unter der Bedingung, dass die Metropolie6 ihre Würde7 behält."8 Er erhebt einerseits Aelia-Jerusalem über die übrigen Provinzstädte Palästinas aufgrund des außerordentlichen Platzes, den diese Stadt in der christlichen Überlieferung besitzt; andererseits bestätigt der Kanon sogar für diese Provinz noch die Prärogativen der bürgerlichen Hauptstadt, Cäsaräa, in kirchlichen Angelegenheiten. Die Konzilsväter machen also selbst für Jerusalem keine Ausnahme im von ihnen angenommenen System. Das Netz der Kirchenprovinzen ist von nizänischen Vätern offensichtlich als ein stabiles System aus sich selbst genügenden, also autokephalen Kirchen erdacht worden. Wie aus dem Folgenden zu sehen sein wird, wird es auch in den späteren Jahrhunderten so bleiben, ungeachtet selbst des Auftretens der Patriarchate.

Gehen wir nun zur Gesetzgebung des 2. Ökumenischen Konzils über. Zur Erinnerung: dieses fand im Jahre 381 in Konstantinopel statt und hatte außer dogmatischen Fragen auch rein kanonische Dinge zu klären.

Die Historiker der Patriarchate schenken dem 2. Kanon besondere Aufmerksamkeit, denn darin tritt erstmals in der kirchlichen Gesetzgebung der Begriff „Diözese" (διοίκησις) auf, d.i. die zweite Stufe der Reichsverwaltung, die aus mehreren Provinzen besteht. Im Kanon ist die Rede davon, dass die Bischöfe, welche sich innerhalb einer Diözese befinden, deren Grenzen nicht überschreiten dürfen, um so keinen Unfrieden unter die Kirchen zu bringen. „Sondern, in Entsprechung mit den Regeln", heißt es weiter in dem Kanon, „möge der Bischof von Alexandria nur in Ägypten herrschen; die Bischöfe des Ostens mögen sich nur um die Angelegenheiten des Ostens kümmern, wobei sie die Vorrechte der Kirche von Antiochia zu achten haben, die ihr von den nizänischen Kanones zuerkannt werden; die Bischöfe der Diözese Asien mögen nur um die Belange in Asien kümmern, die der Diözese Pontus -- nur um die in Pontus, die Bischöfe von Thrakien -- nur um die in Thrakien. Ohne Einladung mögen die Bischöfe die Grenzen ihrer Diözese nicht überschreiten, um eine Chirotonie oder eine andere kirchliche Angelegenheit zu regeln. Unter Einhaltung der oben angeführten Regel über die kirchlichen Diözesen ist es offensichtlich, dass die Belange einer jeden Provinz das Konzil ebendieser Provinz zu befinden hat, wie es in Nikaia bestimmt wurde"9.

Der direkte Sinn dieser Regelung war es, den alexandrinischen Päpsten die Grenzen ihrer Jurisdiktion in Erinnerung zu rufen, die im Verlauf der arianischen Wirren offenbar in Vergessenheit geraten waren und den Alexandrinern schon viel zu bescheiden für sie vorkamen. Das Konzil verweist die Bischöfe von Alexandria an den ihnen gebührenden Ort und verweigert ihnen das Recht, sich in die Angelegenheiten anderer Diözesen einzumischen10. Aber es ist vollkommen unmöglich, sich auf diesen Kanon berufend zu behaupten, im Jahre 381 sei eine höchste, über-diözesane Leitungsstruktur entstanden, denn dem widerspräche der letzte, höchst wichtige Satz des Kanons: „Es ist offensichtlich, dass die Angelegenheiten einer jeden Provinz vom Konzil ebenjener Provinz zu klären sind, wie es in Nikaia bestimmt wurde". Alle inneren Angelegenheiten: Chirotonien, Gericht, womöglich sogar Fragen der Glaubenslehre11 hatten nach wie vor auf lokalen, provinzialen Konzilien geklärt zu werden12.

Folglich werden also durch den 2. Kanon des Konzils zu Konstantinopel weder „Patriarchate", noch selbst „Diözesen" etabliert, denn viel zu deutlich bekräftigt er die Bewahrung des nizänischen Systems der Metropolien und spricht recht unklar über die Funktionen der Diözesen13.

Außerdem teilte das Konstantinopler Konzil von 381 mit seinem 3. Kanon der Cathedra der Hauptstadt „den Vorrang der Ehre nach dem römischen Bischof zu, denn diese Stadt ist das Zweite Rom"14. Konstantinopel wurde bezüglich der bürgerlichen Leitungsstruktur als zweite Hauptstadt sehr frühzeitig aus dem System der Provinzen herausgenommen und wurde von einem besonderen Beamten, der den Titel eines Praefectus urbi trug, regiert, ganz wie das Alte Rom. Es war demnach offensichtlich, dass die Cathedra der Hauptstadt analog auch nicht dem Metropoliten von Herakleia (Eparchie Europa) unterstellt sein sollte, - Kanon 4 des Konzils zu Nikaia war auf sie nicht anwendbar. Allerdings wäre es falsch, hierin die Verleihung irgendwelcher besonderen Machtbefugnisse an die Cathedra von Konstantinopel zu wähnen; der Kanon selbst spricht deutlich lediglich von einem Vorrang in der Ehre. Dieser Kanon ist nichts weiter als die Übertragung der politischen Bedeutung Konstantinopels auf die kirchliche Ebene; die neue Hauptstadt galt seit ihrer Gründung als das „Zweite Rom" und wurde sogar offiziell so genannt. Allerdings enthält der vorliegende Kanon die Vorboten dafür, dass der Vorrang in der Ehre, welcher der Cathedra der Hauptstadt aus pragmatischen Erwägungen verliehen wurde, in ganz konkrete Prärogativen der kirchlichen Machtausübung umgewandelt werden sollte, was in den folgenden Jahrzehnten tatsächlich auch passierte.

Die durch die kirchliche Gesetzgebung aus dem einen oder anderen Grund hervorgehobenen, oben erwähnten Cathedrae der östlichen Reichshälfte begannen mit dem Ende des 4. Jahrhunderts ebenfalls, sich im Verhältnis zu den sie umgebenden Metropolitanprovinzen und den Gebieten, die sie für die ihren hielten, zu behaupten. Ihre Macht stützte sich auf Gegebenheiten und Umstände der damaligen Zeit, denn es gab keinerlei Regelungen, denen zufolge sie, speziell, was Gerichtsbarkeit und Chirotonien angeht, über den Metropolien stünden. Dieser Kampf begann schon, bevor die Kirche ihre über die Rechte einer Metropolie hinausgehenden Befugnisse reglementierte, allerdings verwandelt sich diese über-metropolitische Macht einzelner Cathedrae allmählich aus einer faktischen in eine formelle und verbindliche, welche auf dem Konzil zu Chalkedon letztlich ihre legitime Grundlage findet. Zur Mitte des 5. Jahrhunderts ergibt sich eine durch die kirchliche Gesetzgebung nicht gebilligte Situation, in der eine ganze Reihe an Cathedrae, deren Vorsteher nun als „Erzbischöfe" bezeichnet wurden, danach strebten, eine über den Metropolien angesiedelte höchste Leitungsstruktur zu etablieren. Aufgrund dessen, dass es keinerlei rechtliche Regulierung für die Machtausübung dieser Bischöfe gab, ebenso wenig für die Grenzen ihres Einflusses, war dieser Prozess für die Kirche insgesamt sehr schmerzlich und führte zu einer Reihe von Konflikten. So konkurrierten das Alte und das Neue Rom um das Recht der Chirotonien im östlichen Illyrikum, das Neue Rom mit Alexandria um den Vorrang in der Ehre, welche aus der Sicht Alexandriens für diese seit dem 2. Ökumenischen Konzil geschmälert waren; Jerusalem hatte Konflikte mit Antiochia, in denen es um Phönizien und Arabien ging15. Der Kampf um die Jurisdiktionen nahm mitunter scharfe Formen an und wurde von der Gesamtkirche als schmerzlich empfunden16.

Eine Ordnung in diese Situation brauchte das Konzil zu Chalkedon in drei wichtigen Kanones: dem 9., 17. und 28. Oft werden diese Kanones unrichtig ausgelegt. Um sie recht zu verstehen, ist es notwendig, sie nicht jeden im Besonderen, sondern im Zusammenhang zu sehen, dabei unbedingt im historischen Kontext ihrer Festlegung.

Im 9. und 17. Kanon wird recht rigoros eine höchste Gerichtsbarkeit installiert, die dem Gericht der Metropolien übergeordnet ist. Zum Beispiel ist es ja schwierig, dass jemand, der von seinem Metropoliten in irgendeiner Form benachteiligt wird, die Sache vor das reguläre Konzil der Provinz bringt, auf welchem dieser Metropolit den Vorsitz hat. In solch einem Falle wendet sich der Kläger „entweder an den Exarchen des Großen Gebiets, oder an die Cathedra des kaiserlichen Konstantinopel, und [die Sache] wird von dieser gerichtet"17. Manche Forscher sehen in diesem „entweder... oder" die simple Aufführung von Alternativen: einem Kläger, der mit der Entscheidung eines Eparchien-(d.h. eines provinziellen) Konzils unzufrieden war, stand es frei, als ein höchstes Appellationsgericht das Gericht seines „Exarchen", d.h. des Bischofs, der in der Hauptstadt der jeweiligen bürgerlichen Diözese residierte, oder das des Erzbischofs von Konstantinopel anzurufen18. So gedeutet, verleiht dieser Kanon der Cathedra von Konstantinopel bedeutenden Vorrang, denn er leitet die Angelegenheiten der Metropolien des gesamten Reichs direkt an die Cathedra der Reichshauptstadt weiter, während die Exarchen der einzelnen Diözesen (z.B. der Bischof von Antiochia als Exarch der Diözese des Ostens) nur die Angelegenheiten der Metropolien ihrer Diözese zu behandeln haben. In dem Fall fragt es sich, auf welcher Grundlage ein Kläger sich die Instanz aussuchte, an die er sich wandte. Der Kanon beantwortet diese für die praktische Handhabung enorm wichtige Frage nicht. Das führt zu der Vermutung, dass die Väter von Chalkedon gar nicht an Alternativen bei der Möglichkeit einer Appellation gedacht haben. Johannes Zonaras (erste Hälfte des 12. Jh.) empfand das ähnlich und machte folgende Bemerkung über die Grenzen der kirchlichen Jurisdiktion des Patriarchen von Konstantinopel: „Nicht über ausnahmslos alle Metropoliten wird der Patriarch von Konstantinopel als Richter gestellt, sondern nur über jene, welche ihm untergeben sind. Er kann nämlich nicht über die Metropoliten von Syrien, oder [über die von] Palästina und Phönizien, oder [jene von] Ägypten gegen deren Willen richten"19. Zonaras liegt intuitiv völlig richtig, und beweisen kann man das anhand der Betrachtung der historischen Umstände jener Zeit.

Der Exarch ist also das kirchliche Oberhaupt eines großen Reichsgebiets, der Diözese. Hatte aber jegliche bürgerliche Diözese damals ein kirchliches Haupt? Der Großteil der zeitgenössischen Forscher ist der Meinung, dass ein solches Haupt in den Diözesen Thrakien, Asien und Pontus, die zusammen Kleinasien bildeten, fehlte20. Den Bischöfen eben dieser und nur dieser Diözesen gestattet der Kanon, ihre Appellationen nach Konstantinopel zu richten. Auf diese Weise bekommt der Erzbischof der Hauptstadt die höchste richterliche Gewalt in den drei erwähnten Diözesen. Im Falle der Diözesen, die traditionell ein Haupt besaßen, das ihre Angelegenheiten regelte, d.h. einen „Exarchen", bestimmt der Kanon deren richterliche Kompetenzen: Antiochia -- für die Diözese des Ostens, Alexandria -- für die Diözese Ägypten, und schließlich Rom für die westlichen Diözesen: Gallien, Italien, Illyrien.

Folglich sind mit dem Begriff „Exarch" in den vorliegenden Kanones jene Bischöfe bezeichnet, denen man später den Titel eines „Patriarchen"geben wird. Der Titel „Patriarch" war zu Zeiten des Konzils zu Chalkedon noch kein terminus technicus (auch wenn er von Zeit zu Zeit für den Bischof von Rom gebraucht wurde)21; er wurde zu einem solchen erst in der Mitte des 5. Jahrhunderts, und zwar dank der Gesetzgebung des hl. Kaisers Justinian, in welcher die Bischöfe von Rom, Konstantinopel, Alexandria, Antiochia und Jerusalem als Patriarchen bezeichnet werden22.

Kanon 28 von Chalkedon stellt nun schon keine so große Schwierigkeit mehr für die Auslegung dar. Darin werden noch einmal, Kanon 3 von Konstantinopel folgend, aus vollkommen pragmatischen Gründen die Rechte des Neuen Rom in dessen Eigenschaft als Stadt des Kaisers und des Synklets bekräftigt. Allerdings wird zu dem nicht näher bezeichneten „Vorrang in der Ehre", der 381 verkündet wurde, nun schon ein ziemlich eindeutiger Vorrang in der Macht hinzugefügt. Dem Erzbischof von Konstantinopel wurde das Recht zuteil, die Metropoliten jener Diözesen einzusetzen, die in Kanon 9 und 17 gemeint waren, d.h. Thrakien, Asien und Pontus. Allerdings bekam der Erzbischof der Reichshauptstadt keine allzu weitreichenden Machtbefugnisse in seinem neuen, doch recht großen Einflussbereich. Da das System der autokephalen Metropolien in diesen Diözesen (wie übrigens auch allerorts) schon ziemlich etabliert war, und -- mehr noch -- auf der Autorität des Konzils zu Nikaia fußte, war es notwendig, dieses System trotz der Zuteilung von eigenem Gebiet zur Cathedra von Konstantinopel unangetastet zu belassen. Der Erzbischof der Hauptstadt konnte Metropoliten lediglich in den drei genannten Diözesen einsetzen, allerdings wurden die regulären Bischöfe in den einzelnen Provinzen (also die „Eparchioten") nach wie vor von den Metropoliten selbst eingesetzt. Wobei die Kandidaten auf den einen oder anderen Metropolitansitz innerhalb der Provinz gewählt wurden, wie es Kanon 4 zu Nikaia entsprach, und erst danach zwecks Chirotonie in Konstantinopel vorstellig werden mussten.

Dies ist letztlich das für den Ostteil des Reiches klassische Patriarchat, das ein von den Ökumenischen Konzilien selbst doch recht genau umrissenes System der kirchlichen Hierarchie darstellt. Die Häupter der übrigen Patriarchate, welche im Kanon 28 nicht genannt werden, die ohnehin schon (mit Ausnahme von Alexandria) de facto über die Befugnisse eines Metropoliten hinausgehende Gewalt ausübten, konnten nach diesem Vorbild ihre Beziehungen zu den Metropoliten gestalten, welche ihren unabhängigen Provinzen vorstanden.

Dieses System ist, recht verwirklicht, dreistufig: der Eparchiot untersteht dem Metropoliten, wird von diesem eingesetzt und gerichtet, der Metropolit nun hat genau solche Beziehungen zu seinem Patriarchen. Dabei wir der Eparchiot vom Patriarchen weder eingesetzt noch gerichtet (es sei denn, er richtet seine Appellation an diesen). Das heißt, der Patriarch übt die Gewalt über das ihm unterstehende Gebiet mittelbar -- über die Metropoliten -- aus, welche in jener klassischen Zeit ihre Rechte in den Provinzen im Großen und Ganzen bewahrten -- eine Situation, die ein wenig an einen Vasallenstaat erinnert. Offensichtlich ist der Aufbau eines solch schlanken Systems der Gewalt nur dann möglich, wenn in den Metropolitanprovinzen das kirchliche Leben in Fülle gedeiht23.

Die drei Stufen des klassischen Patriarchats flossen klar in die Folge der Kanones 13, 14 und 15 des Zweifachen Konzils24 (das in der Kirche der hll. Apostel stattfand) ein25. Es fand im Jahre 861 statt, als schon eine Reihe großer Katastrophen -- der syrische und ägyptische Monophysitismus, der zusammen mit dem Ethnoseparatismus, aber auch dem Einfall der Araber, bereits die Bedeutung der drei östlichen Patriarchate herabgesetzt, dahingegen die Bedeutung Konstantinopels in kirchlichen Dingen heraufgesetzt hatten. Die faktische Erhöhung der Cathedra der Hauptstadt führte zu einer bedeutenden Deformation des klassischen Aufbaus der kirchlichen Leitung.

In diesen drei Kanones wird es verboten, von seinem Kirchenoberhaupt abzufallen, und zwar gilt das für die diesem jeweiligen Oberhaupt unterstehenden Kleriker bis zum ordentlichen Kirchengericht. Kanon 13 schreibt den Presbytern und Diakonen vor, sich an ihren Bischof zu halten; Kanon 14 -- den Bischöfen, ihrem Metropoliten anzuhangen; Kanon 15 nun bestimmt gleiches bezüglich aller Kleriker und ihres Patriarchen. Folglich ist zu sehen, dass ungeachtet der eingetretenen Verzerrungen das schlanke System der Patriarchate im 9. Jahrhundert in Konstantinopel immer noch für so ideal angesehen wurde, wie es war, als es 4 Jahrhunderte zuvor infolge der Gesetzgebung von Chalkedon das Licht der Welt erblickte. Das kündet davon, dass das klassische dreistufige Patriarchat, jene natürliche und gleichzeitig komplizierte Erscheinung des kirchlichen Lebens der Ära der Ökumenischen Konzilien, das seine rechtmäßige Existenzgrundlage im Jahre 451 erlangte, von einer Reihe legislativer Maßnahmen des Kaisers Justinian gefestigt, nach wie vor als ein Ideal der kirchlichen Leitungsstruktur galt, ungeachtet selbst der ungünstigen Bedingungen des realen Lebens der spätbyzantinischen Zeit.


Fazit: die Patriarchate werden mit dem 5. Jahrhundert zu einer Erscheinung, die ihren Anfang im System der Autokephalien der Metropoliten nimmt. Eben die Metropolitanbezirke oder Kirchenprovinzen waren historisch gesehen die ersten Autokephalien, die noch im ersten Ökumenischen Konzil festgeschrieben worden sind. Im normalen Verlauf der Kirchengeschichte, bis zu den Erschütterungen der stabilen territorial-administrativen Institutionen des Imperiums insgesamt und der imperialen Kirche im Besonderen im 7. Jahrhundert, bewahrten eben die Metropolien als mittlere Stufe der kirchlichen Gewaltenstruktur die größtmögliche Fülle der Anzeichen von autokephalen Kirchen, mit ihrem Recht der Wahl und der Einsetzung der Eparchioten, mit dem Recht der Wahl des Metropoliten, dem Recht, ein breites Spektrum an aktuellen Fragen auf regulären Konzilien zu klären, von kirchenrechtlichen und kanonischen bis hin zu Fragen der Glaubenslehre. Das „klassische Patriarchat" musste in der Geschichte „heranreifen". Seine Idealform benötigt eine komplizierte und vielseitig entwickelte, durch eine gewisse Evolution entstandene kirchliche Leitungsstruktur, mit einer Vielzahl von Bistümern, welche zu Metropolitanbezirken vereinigt sind, die ihrerseits alle ihnen durch konziliare und kaiserliche Gesetzgebung verliehenen Rechte bewahrten, außer dem einen: nämlich jenem, dem zufolge ein neu gewählter Metropolit vom Patriarchen bestätigt und eingesetzt wird.

Es ist völlig offensichtlich, dass die Russische Kirche zum Ende des 16. Jahrhunderts, dem Zeitpunkt einer ausreichenden Reife des russischen Zarenreiches, strukturell noch nicht bereit dazu war, in ein Patriarchat umgewandelt zu werden. Die Gründe, welche von den Initiatoren der Errichtung des Patriarchates dafür angeführt wurden, waren weit von den kanonisch verbürgten Bedingungen des Aufbaus einer kirchlichen „Vertikale der Macht" entfernt26. Die Zahl der Bistümer der Russischen Kirche war zum Zeitpunkt der Inthronisation des ersten russischen Patriarchen, des hl. Ijow, am 23. Januar 1589 sehr gering -- es gab nur 11 Bischofssitze27. Das entsprach dem Durchschnitt eines einzelnen Metropolitanbezirkes der Diözese Asien in der Mitte des 5. Jahrhunderts. Die Russische Kirche blieb, ungeachtet der Tatsache, dass sie faktisch selbständig war, äußerlich ein Metropolitanbezirk. Übrigens war nach dem Zeugnis des Metropoliten Hierotheos von Monemvasia der Patriarch Jeremias selbst anfangs geneigt, in Moskau einen autokephalen „Erzbischof wie in Ochrid" einzusetzen28. Diese Einstellung des ökumenischen Patriarchen konnte damals von verschiedenen Überlegungen bedingt sein; unbestritten ist einzig, dass das Hauptziel der Errichtung eines Patriarchates -- nämlich die Bekräftigung einer Unabhängigkeit vom Patriarch von Konstantinopel -- auf verschiedene Weise erreicht werden konnte; der Titel eines Patriarchen für den Vorsteher war dabei kanonisch gesehen keine Bedingung.

Die mangelnde Entsprechung des Titels, den der Vorsteher der Russischen Kirche führte, gegenüber der Diözesanleitung, welche ziemlich schlecht ausgeprägt war, wurde in Moskau ein Jahrhundert später bewusst wahrgenommen. Das Große Moskauer Konzil von 1667 beschloss, sofort weitere sieben Cathedrae einzurichten, die noch zum Zeitpunkt der Errichtung des Patriarchats geplant waren, aber die ganze Zeit über nichts als ein Projekt blieben. Fünfzehn Jahre später, auf dem Moskauer Konzil am 8. Februar 1682, schlug der Zar Fjodor Aleksejewitsch den Bischöfen vor, 70 neue Bistümer einzurichten, wobei die Bischöfe zwölf Metropoliten unterstehen sollten29. Der Zar bereitete zum Konzil eine „Aufstellung über die bischöflichen Ränge und Titel" vor, wo speziell die neuen Titel der Metropoliten aufgezählt werden: der Metropolit des Staates Nowgorod, der des Reiches von Kasan, des Reiches von Astrachan, des sibirischen Reiches, des Großfürstentums Rostow, des Staates Pskow, des Großfürstentums Smolensk, des Großfürstentums Twer, des Fürstentums Wjatka, des Landes Nischni Nowgorod, des Fürstentums Rjasan, und schließlich der ganzen Ukraine. Die zwölf Metropoliten sollten, geht man nach ihren neuen Titeln, bedeutende Territorien unter ihrer Jurisdiktion vereinigen, die recht klar umrissene Grenzen hatten. Es war klar, dass die Reform nicht nur die Bistümer und damit die Einkünfte verkleinern, sondern auch die Beziehungen untereinander und Rechte der Ortsbischöfe bedeutend verändern sollte, welche sich entsprechend ihres Titels (Metropolit, Erzbischof, Bischof) lediglich durch den Vorrang in der Ehre unterscheiden sollten. Solche Aussichten gefielen dem Konzil nicht, und die Bischöfe richteten eine Bittschrift an den Zaren, in welcher sie begründeten, warum es nur möglich war, 2 Erzbistümer und 15 Bistümer zu errichten. Das Konzil hat die Initiative des Zaren, die Struktur der Bistümer dem kanonischen Ideal anzunähern, nicht unterstützt, sondern bat ihn, die neuen Erzbischöfe und Bischöfe „selbständig in ihren Bistümern, und nicht den Metropoliten untergeben einzusetzen, um im Bischofsamt keinerlei kirchliche Uneinigkeit und untereinander keinen Zwist und Erhöhung zuzulassen"30.

Die Anomalie des territorialen Aufbaus des Moskauer Patriarchats wurde auch im Orthodoxen Osten bemerkt. Im Jahre 1692 erklärte der Patriarch von Jerusalem, Dositheos, dem Patriarchen Adrian in einem Schreiben, dass es im Interesse der Orthodoxie liege, die Zahl der bischöflichen Cathedrae sowohl in Klein-, als auch in Großrussland zu mehren, und versuchte ihn davon zu überzeugen, Metropolitanbezirke entsprechend dem „klassischen" Beispiel einzurichten. Dabei versuchte Dositheos, die ihm, wie es schien, schon bekannten Einwände der Bischöfe zu entkräften: „Wenn es manche Bischöfe dünkt, durch das Einsetzen weiterer Bischöfe würden sich die Gemeinden der jetzigen Bischöfe verringern, so sagen wir, es mögen die Beschränkungen, Gesetzgebungen und Überlieferungen der heiligen Ostkirche gewahrt werden, [...] und große Gemeinden zu haben ist für einen Bischof unnötig. Zweitens, wenn die Bischöfe der heiligen Apostel Nachfolger sind, so mögen, da die Apostel nichts besaßen, auch die Bischöfe wenig besitzen. Drittens, für die Kirche hat der Sohn Gottes Sein Blut vergossen, und es ist nicht recht, dass die Bischöfe aus Habgier die Kirche Gottes schmälern oder behindern, für die doch Christus gestorben ist"31. Im Jahre 1700 sandte Dositheos ein Sendschreiben an Zar Peter, dieser möge im eroberten Asow einen Metropolitansitz einrichten, dem die regulären Bischöfe untergeben sind. Unter anderem schrieb er: „Viele Bischöfe führen dazu, dass sie gut und gottweise sind, und damit sie der Staatskasse des Zaren nicht zu schwer werden mögen, ... sollen sie ein Leben führen, wie wir es tun, - die Patriarchen laufen hier in der Kaiserstadt32 ja auch zu Fuß. Die Bischöfe sind arm und waren das auch früher, wie man in den Geschichtsbüchern und von den Versammlungen der Ökumenischen Konzilien weiß. Und wenn Ihr wollt, so lest den sechzehnten Kanon des siebten Ökumenischen Konzils, welcher [das bestätigt]"33.

Während der synodalen Periode findet kein intensives Wachstum der Zahl der Bischofssitze statt. Zum Jahre 1917 unterstanden dem Hl. Synod bereits 68 Bistümer34, allerdings war dieses Anwachsen vor allem durch den territorialen Zuwachs des Russischen Reiches insgesamt bedingt. Die Dichte der Cathedrae verdoppelte sich ungefähr, und natürlich führte dieses langsame Wachstum nicht zum gewünschten Resultat. In den Jahren 1884-85 fanden auf Betreiben des Oberprokurators K. P. Pobedonoszew drei Bischofskonzilien in Kiew, Kasan und Irkutsk statt, aber leider ließ Pobedonoszew aus einer Reihe von Gründen vom Gedanken der Belebung des regional-konziliaren Lebens der russischen Bischöfe ab35. Im Übrigen erhob die synodale Struktur der Russischen Kirche, die eher einer archaischen „autokephalen Metropolie" ähnelte, als solche keinen Anspruch darauf, der dreistufigen Struktur eines „klassischen Patriarchats" zu entsprechen.

Die neuere Patriarchenzeit begann mit einem Lokalkonzil. Am 7. (20.) September 1918 wurde vom Konzil die „Bestimmung über die kirchlichen Bezirke" herausgegeben, nachdem Metropolit Kirill (Smirnow) zu diesem Thema referierte: „Unter Berücksichtigung dessen, dass der Bedarf der Bildung von Bezirken in der Russischen Kirche von den Konzilien der Jahre 1666 und 1681/82 und dem späteren Kirchenbewusstsein erkannt wurde, [...] bestimmt das Konzil [...], in der Russischen Kirche Kirchenbezirke zu errichten, deren Zahl und die Zuordnung von Bistümern zu diesen Bezirken der Höchsten Kirchlichen Leitung als Aufgabe anzuvertrauen"36. Die Umsetzung dieser wichtigen Bestimmung wurde durch den Beginn der schlimmsten Kirchenverfolgung unmöglich. Im Jahre 1987 befand sich die Zahl der Bistümer in der Russischen Kirche fast auf dem Stand von 1917 (64 Bistümer)37.

Heute wird die Russische Orthodoxe Kirche aus 136 Bistümern gebildet, d.h. innerhalb von 20 Jahren hat sich ihre Zahl mehr als verdoppelt. Ein solch schnelles Wachstum stellt eine historische Einmaligkeit in der gesamten Geschichte des Moskauer Patriarchats dar. Sein Bestandteil sind die sich selbst verwaltenden Kirchen der Ukraine, Weißrusslands, Moldawiens, Japans jeweils mit ihren Bischofskonzilien, denen eigene Oberhäupter vorstehen, sowie auch der unlängst (im Mai 2003) gebildete Metropolitanbezirk Kasachstan. Außerdem ist seit dem 17. Mai 2007 die Russische Orthodoxe Kirche im Ausland Bestandteil des Moskauer Patriarchats; diese wird von einer Bischofssynode aus sieben Orts- und drei Vikarbischöfen geleitet. Auf diese Weise sind die letzten zwei Jahrzehnte eine Zeit gewesen, in der die territoriale Struktur des Moskauer Patriarchats sich hin zum „klassischen Patriarchat" mit seiner dreistufigen Hierarchie entwickelt hat.

Autor: Dmitrij Paschkow, Priester; Dozent an der Moskauer Geistlichen Akademie und der Orthodoxen Universität des hl. Tichon

Quelle: Bogoslov.ru

Abkürzungen

KHÖK = Kanones der Heiligen Ökumenischen Konzilien mit Auslegungen [Pravila Svjatyh Vselenskih Soborov s tolkovanijami]. Moskau, 1877.

АСО = Acta conciliorum oecumenicorum, ed. E. Schwartz, Berolini et Lipsiae, 1927.

ССО = J.P. Joannou. Les Canons des Conciles Oecumeniqes // Fonti. Ser. I. Fasc. IX. T. 1. Pars 1. Grottaferrata, 1967.

CSP = J.P. Joannou. Les Canons des Synodes particuliers // Fonti. Ser. I. Fasc. 9. T. 1. Pars. 2. Grottaferrata, 1962.

Р.-П. = Α .Ῥάλλη, Μ. Ποτλὴ. Σύνταγμα τῶν θειῶν καὶ ἱερῶν κανόνων. Ἀθηνῆσιν, 1852-1859.

Fußnoten


  1. Um nur einige Namen zu nennen: Balsamon in seinem Kommentar des 6. Kanons zu Nikaia (R.-P. β\', σ. 129; s. KHÖK. S. 25-27); A.P. Lebedew (Die Geistlichen der antiken Katholischen Kirche, St. Petersburg, 1997. S. 184); Beck H.-G. (Kirche und theologische Literatur im byzantinischen Reich. München, 1977. S. 29). 

  2. Im weiteren Verlauf ersetzen wir den griechischen Begriff „Eparchie" durch sein lateinisches Äquivalent „Provinz", um Mehrdeutigkeiten zu vermeiden, die heutzutage mit dem Begriff „Eparchie" verbunden sind. [Епархия (russ. Eparchija) -- Diözese. d.Ü.] 

  3. Im Kommentar zu diesem Kanon meint Zonara, daß der Metropolit die Wahl genau in dem Moment bestätigt, in dem er selbst den Gewählten zum Bischof weiht. (R.-P. β´, σ. 123.). 

  4. ССО. Р. 58. 

  5. Aelia Capitolina = Jerusalem. d.Ü. 

  6. Caesarea Maritima -- d.Ü. 

  7. Vorrang -- d.Ü. 

  8. СCO. P. 29. 

  9. ССО р. 46-47. 

  10. Als Beispiel nehme man die Diözese des Ostens (Ἀνατολὴ), wo sie die den Marcellianern nahestehende Gruppe des Bischofs Paulinus unterstützten, oder Thrakien, wo sich die Tragikomödie mit Maximos Kynikos abspielte. 

  11. Von Glaubensdingen wurde in Nikaia nichts gesagt, aber de facto konnten solche Dinge in den Metropolien besprochen werden. Später, im Jahre 565, beschreibt Kaiser Justinian in seiner 127. Novelle (Kap. 4) ein ziemlich breitangelegtes Spektrum an Fragen, die auf den Konzilien in den Provinzen geklärt wurden: kanonische Fragen, Glaubensinhalte, Fragen der kirchlichen Leitung und andere. 

  12. Das findet seine Bestätigung im Sendschreiben der Väter des Konzils zu Konstantinopel aus dem Jahre 382 an Papst Damasus „bezüglich der Leitung bestimmter Kirchen bleibt, wie Ihr wisst, das bestehende Gesetz und die Bestimmungen der heiligen Väter zu Nikaia in kraft, d.h. in jeder Diözese mögen die Handauflegungen zum Wohle der Kirche durch die Diözesanbischöfe erfolgen, daran teilnehmen können, wenn diese das wünschen, ihre Nachbarbischöfe." Acta der Oekumenischen Konzilien, St.Pb. 1996. Bd. I. S. 126. 

  13. Es soll allerdings an dieser Stelle erwähnt werden, dass Kanon 6 des Zweiten Oekumenischen Konzils von der Möglichkeit der Einberufung eines gewissen „großen Konzils des großen Gebiets" oder einer Diözese spricht. Dieses Konzil soll, diesem Kanon entsprechend, Appellationen von Beschwerden über Ortsbischöfe betrachten, und zwar in solchen Fällen, in welchen die Konzilien der Provinzen auf ihren regulären Sitzungen „nicht in der Lage sind, die Ordnung wiederherzustellen, was die Beschuldigungen gegenüber einem Bischof betrifft". Obwohl dieser Kanon schon deutlicher von der Funktion der Diözesen handelt, und zwar, von Zeit zu Zeit Konzilien zur Betrachtung von Appellationen zu versammeln, ist dies trotzdem noch ungenügend für die Behauptung, man hätte es hier schon mit der Errichtung einer vollwertigen und höchsten Ebene der kirchlichen Leitung zu tun. 

  14. CCO. P. 47-48. 

  15. Genaueres siehe: Φειδάς Βλ. Ἐκκλησιαστικὴ ἱστορία. Bd. I. Σ. 820-831. 

  16. Vgl. Brief Nr. 92 [Mauriner-Ausgabe -- d.Ü.] des hl. Basilius des Gr.: „Die Lehren der Religion sind umgestoßen, die Satzungen der Kirche in Unordnung gekommen. Die Ehrsucht von Leuten, die den Herrn nicht fürchten, sucht den Weg zu den Kirchenämtern; schon winkt sichtlich der Vorsitz als Preis der Gottlosigkeit." Ер. 92. PG 32. Col. 480. [Dt. zit. nach der „Bibliothek der Kirchenväter", www.unifr.ch/bkv - d.Ü.] 

  17. CCO. P. 77. 

  18. Solchermaßen wird dieser Kanon ausgelegt von: Alexios Aristines (KHÖK. S. 173), und von unseren Zeitgenossen - Φειδάς Βλ. Ἐκκλησιαστικὴ ἱστορία. Bd. I. Σ. 825. Darrouzés nahm an, dass die Doppeldeutigkeit durch Anatolios, den Erzbischof von Konstantinopel eingeführt wurde, der danach strebte, den gesamten Osten des Reichs seiner Jurisdiktion zu unterwerfen. (J. Darrouzés, Documents inédits d\'ecclésiologie byzantine. Paris, 1966. Р. 79). 

  19. Р.-П. Σ. 260. KHÖK. S. 213. 

  20. Beweiskräftiges Material wurde zusammengetragen in: L'Ηuillier, The Church Of The Ancient Councils. Р. 234-236. 

  21. „Leo, der heiligste und seligste Patriarch des großen Rom und Erzbischof": Titulierung in den Acta des Konzils zu Chalkedon (s. z.B. ACO II.1.2. Р.28, 21). 

  22. Novellen CIX (Vorwort), CXXIII.3. Corpus Iuris Civilis. Berolini, MDCCCXCV (1895). Vol. III. P. 518, 597. 

  23. Wie die Listen der Bischöfe des Konzils zu Chalkedon zeigen, sind die drei unter die Jurisdiktion Konstantinopels geratenen Diözesen folgendermaßen auf dem Konzil vertreten gewesen: Pontus -- 11 Provinzen, 40 Bischöfe; Asien -- 12 Provinzen, 129 Bischöfe; Thrakien -- 4 Provinzen, 11 Bischöfe. Insgesamt war das Patriarchat von Konstantinopel durch 27 Provinzen und 180 Bischöfe vertreten. S.: E. Schwartz. Über die Bischofslisten der Synoden von Chalkedon, Nicaea und Konstantinopel. München, 1937. S. 15-41. 

  24. griech. Πρωτοδευτέρα Σύνοδος, Lokalkonzil der Kirche von Konstantinopel im Mai 861; fand in der Kirche der hll. Apostel in Konstantinopel unter dem Vorsitz des hl. Patriarchen Photios statt. Das Konzil bestand aus 318 Bischöfen, einschließlich der Legaten des Papstes von Rom. -- Anm. d. Ü. 

  25. CSP. Р. 470-475. 

  26. Während für Patriarch Jeremias das Hauptargument für die Errichtung des Patriarchats das Vorhandensein eines Zaren in Moskau war, so war das für die Russen die „gestörte Pentarchie" infolge des Abfalls des Papstes von Rom von der Einheit der Kirche. S. die Rede des hl. Patriarchen Ijow an den tarnower Metropoliten Dionysios vom Januar 1592: „Der Zar und Großfürst Feodor Iwanowitsch, der Alleinherrscher der ganzen Rus, beriet sich mit seinem Vater und Gottesanbeter, dem heiligsten ökumenischen Patriarchen Jeremias, als auch mit den Metropoliten, mit den Erzbischöfen, Bischöfen und den Archimandriten, den Äbten und dem ganzen Konzil des griechischen Staates und des Russischen Reiches, damit in seinem Lande (...) ein Patriarch eingesetzt würde, denn einer Sünde wegen verfiel die römische Kirche in gottwidrige Lehre und stimmt in nichts mehr mit dem orthodoxen, wahren christlichen, griechischen Glauben überein. An Stelle des Papstes steht nun als unser ältester Vater der heiligste Herr Jeremias, Erzbischof von Konstantinopel, des Neuen Roms, danach die vier Patriarchen: von Alexandria, Antiochia, Jerusalem und der kaiserlichen Stadt Moskau im Russischen Reich."Zit. nach: Uspenskij B.A., Der Zar und der Patriarch. Das Charisma der Macht in Russland. [Car' i patriarh. Harizma vlasti v Rossii]. M., 1998, S. 496. Vgl.: Solowjew S.M., Geschichte Russlands seit den frühesten Zeiten [Istorija Rossii s drevnejshih vremen]. Bd. IV, M. 1960. S. 307. 

  27. Drei Tage nach der Inthronisierung des hl. Ijow, am 26. Januar, wurde eine Cathedra in Pskow eingerichtet; bis 1700 kamen noch 9 weitere hinzu, so dass es am Ende der Patriarchenzeit insgesamt 22 Bischofssitze gab. S.: Gubonin M.E., Autorenkollektiv. Kommentierte Listen von Bischöfen nach Bischofssitzen ab 862 [Kommentirovannye spiski ierarhov po episkopskim kafedram s 862 g.], M., 2006; S. 908. 

  28. Makarij (Bulgakow), Metropolit. Geschichte der Russischen Kirche [Istorija Russkoj Cerkvi]. Bd. VI. М., 1996. S. 34. 

  29. Dobroklonskij A.P., „Anleitung zur Geschichte der Russischen Kirche" [Rukovodstvo po istorii Russkoj Cerkvi]; Pawlow A.P. (verantw. Red.), Autorenkollektiv; „Die herrschende Elite des Russischen Staates vom 9. bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts"(geschichtlicher Abriss) [Pravjash'aja elita Russkogo gosudarstva IX- nachala XVIII vv. (Ocherki istorii)]. St.-Pb., 2006. S. 462. 

  30. Pawlow A.P. (verantw. Red.), Autorenkollektiv; „Die herrschende Elite...", S. 466. 

  31. Kapterew N.F. „Die Beziehungen des Jerusalemer Patriarchen Dositheos mit der russischen Regierung 1669-1707" [Snoshenija ierusalimskago patriarha Dosifeja s" russkim pravitel'stvom 1669-1707]; M., 1891. S. 179. 

  32. Konstantinopel. Anm. d. Ü. 

  33. ebd. S. 181. 

  34. Smolitsch I.K., „Geschichte der Russischen Kirche 1700-1917"[Istorija Russkoj Cerkvi 1700-1917]. Teil 1. М., 1996. S. 659-665. 

  35. Näheres s.: Paschkow D.W., „Die Bischofskonzilien während der Zeit von K.P.Pobedonoszew" [Sobory episkopov pri K.P.Pobedonosceve] // Theologisches Kompendium [Bogoslovskij sbornik] PSTBI Nr. 4. М., 1999. S. 265-293. 

  36. Das Geheiligte Konzil der Orthodoxen Russischen Kirche. Sammlung von Bestimmungen und Beschlüssen. Ausg. 4. S. 14. 

  37. „Im Jahre 1987 hatte die ROK 64 Bistümer auf dem Gebiet der UdSSR, von denen 18 im Ukrainischen Exarchat bestanden". -- Orthodoxe Enzyklopädie. Russische Orthodoxe Kirche. M., 2000. S. 248.