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Der heilige Gregor Palamas: Vita, Werke, Lehre

Kurzvorstellung des Heiligen, dessen Gedächtnis der 2. Sonntag der Großen Fastenzeit gewidmet ist

Autor: Dionisij (Schljonow)

23. März 2008

 Kirche   orthodox 
Lesezeit: ca. 31 Minuten

Der heilige Gregor Palamas: Vita, Werke, Lehre

Am zweiten Sonntag der Großen Fastenzeit gedenkt die Orthodoxe Kirche des hl. Gregor Palamas. Das Portal Bogoslov.Ru veröffentlicht dazu den dem Heiligen gewidmeten Artikel des Dezernenten des Griechisch-Lateinischen Kabinetts und Dozenten der Moskauer Geistlichen Akademie, Abt Dionisij (Schljonow).

Vita 1

Der künftige heilige Erzbischof wurde 1296 geboren und bekam seine Ausbildung in Konstantinopel. Nach dem frühen Tod seines Vaters, des Senators Konstantin, der 1301 folgte, fiel es Gregor zu, unter dem Schutz des Kaisers Andronikos II zu kommen. Auf diese Weise verbrachte der junge Mann die ersten 20 Jahre seines Lebens am Kaiserhof, und für später stand ihm, der er verschiedentlich talentiert war, eine steile und erfolgreiche Karriere bevor. Er studierte die weltlichen Disziplinen und die Philosophie beim besten Lehrer dieser Zeit – Theodor Metochites, welcher Philologe und Theologe, Rektor der Universität und, wie man dieses Amt heutzutage nennt, Ministerpräsident war. Gregor Palamas war der beste seiner Schüler; ein besonderes Interesse hatte er zur Philosophie des Aristoteles. Im Alter von 17 Jahren hielt Gregor Palamas am Hofe des Kaisers vor selbigem und anderen hochgestellten Persönlichkeiten sogar eine Vorlesung über den Syllogismus des Aristoteles. Der Vortrag war so erfolgreich, dass Metochites am Ende ausrief: „Selbst Aristoteles würde, wäre er anwesend, nicht umhinkommen, ihn zu loben.“

Ungeachtet all dessen blieb Gregor gegenüber der Politik und der „Welt” erstaunlich gleichgültig. Gegen 1316, im Alter von 20 Jahren, verließ er den Palast und die Beschäftigung mit der Philosophie und begab sich auf den Heiligen Berg2, wo er sich einem asketischen Leben, Übungen und der Gottesschau widmete. Er gewöhnte sich noch während seiner Zeit am Hofe allmählich an äußerste Askese. Auf dem Athos lebte Gregor in einer Zelle unweit des Klosters Vatopedi unter der Anleitung des heiligen Nikodemos, von welchem er auch die Mönchstonsur erhielt. Nach dem Tod seines Meisters (gegen 1319) siedelte er ins Kloster Megisti Lavra des hl. Athanasios über, in der er drei Jahre verbrachte. Später, ab 1323, lebte er in der Skite Glossia, wo er seine Zeit im Wachen und in Gebeten verbrachte.

Zusammen mit anderen Mönchen war er 1325 aufgrund der ständigen Angriffe der Türken auf den Heiligen Berg gezwungen, diesen zu verlassen. Auf Bitte seiner Begleiter, der Mönche, wurde Gregor in Thessalonike zum Priester geweiht. Von dort begab er sich in die Gegend von Beröa, einer Stadt, in der einst der Apostel Paulus predigte; dort setzte er seine Askese fort. Fünf Tage in der Woche widmete er sich dem inneren Gebet, während er sich in seiner engen Zelle, einer Höhle, einschloss, die sich am Hang eines von dichtem Wildwuchs besetzten Felsens an einem Bergbach befand. Am Samstag und am Sonntag verließ er seine Klausur, um am Gottesdienst teilzunehmen, der im Katholikon des Klosters zelebriert wurde.

Allerdings veranlasste der Einfall der Slawen, der auch dieses Gebiet betraf, Gregor 1331 wieder auf den Heiligen Berg zurückzukehren, wo er sein asketisches Leben in der Einsiedelei des hl. Sabbas fortsetzte, die sich im athonitischen Gebirgsvorland oberhalb der Großen Lavra befand. Diese Einsiedelei ist bis heute erhalten. Von den Winden des Athos „umspült“, wie schon zu Zeiten des hl. Gregor, bezaubert sie die Pilger durch ihre absolute Einsamkeit und Stille.

Später wurde Gregor für kurze Zeit zum Abt des Klosters Esphigmenou gewählt. Ungeachtet der Aufgaben, die er damit auf sich genommen hatte, strebte er fortwährend zurück in die Stille der Einsiedelei. Er hätte dieses Streben erfüllt, hätte nicht ein gelehrter Mönch aus Kalabrien (Süditalien) namens Barlaam (1290-1350) ihn dazu veranlasst, sich der Polemik zu befleißigen. Der Streit mit Barlaam währte 6 Jahre, von 1335 bis 1341.

Barlaam entstammte einer orthodoxen griechischen Familie, beherrschte die griechische Sprache sehr gut. Er besuchte Byzanz und landete schließlich in Thessalonike. In der Mitte der 30-er Jahre des 14. Jahrhunderts belebten sich die theologischen Disputationen zwischen Griechen und Lateinern. In seinen antilateinischen Schriften, die u.a. gegen die lateinische Lehre von dem Ausgang des Heiligen Geistes „und vom Sohne“ gerichtet waren, unterstrich Barlaam, dass Gott unergründlich sei und deswegen Aussagen über Gott nicht beweisbar seien. Daraufhin verfasste Palamas seine apodiktischen Traktate gegen die lateinische Neuerung, wobei er den theologischen „Agnostizismus“ Barlaams und das übermäßige Vertrauen an die Autorität der heidnischen Philosophie einer Kritik unterzog.

Das war die erste theologische Auseinandersetzung der beiden. Die zweite folgte im Jahre 1337, als Barlaam von einigen einfachen und ungebildeten Mönchen von einem quasi technischen Kunstgriff erfuhr, den die Hesychasten beim Verrichten ihres Herzensgebetes gebrauchten. Nachdem er gleichermaßen die Werke einiger hesychastischer Väter studierte, die dem Gebet gewidmet waren, begann er, die Hesychasten heftig anzugreifen, indem er sie als Messalianer3 und „Omphalopsychen“ („Bauchseelen“, ὀμφαλόψυχοι) bezeichnete. Hier wurde Palamas mit der Widerlegung der Angriffe des Barlaam betraut. Die persönliche Begegnung beider führte zu keinem positiven Ergebnis, sondern verschärfte die Meinungsverschiedenheit noch mehr. Auf dem Konzil von Konstantinopel im Jahre 1341 (das Konzil tagte am 10. Juni) wurde Barlaam, der die Hesychasten einer falschen Methode des Gebets bezichtigte und die Lehre vom Thabor-Licht bestritt, verurteilt. Und obwohl er um Vergebung bat, brach er noch im Juni desselben Jahres nach Italien auf, wo er zum römischen Katholizismus übertrat und später zum Bischof von Gerace ernannt wurde.

Nach dem Konzil von 1341 und der Abreise Barlaams war die erste Etappe der palamitischen Auseinandersetzungen beendet.

Auf der zweiten und dritten Etappe dieser Auseinandersetzungen traten Gregorios Akyndinos und Nikephoros Gregoras als Gegner Palamas‘ auf; im Unterschied zu Barlaam kritisierten sie nicht die psychosomatische Methode des Gebets der Hesychasten. Die Auseinandersetzung nahm einen theologischen Charakter an und berührte nun die Frage nach den göttlichen Energien, der Gnade, des ungeschaffenen Lichts.

Der zweite Teil des Streits fiel mit dem Bürgerkrieg zusammen, der zwischen Johannes Kantakouzenos und Johannes Palaiologos zwischen 1341 und 1347 entbrannte. Am 15. Juni 1341 starb Kaiser Andronikos III. Sein Thronfolger, Johannes V. Palaiologos, war noch nicht volljährig, weswegen es im Staat aufgrund von erbitterten Machtkämpfen zwischen dem Großdomestikos4 Johannes Kantakouzenos und dem Großstrategen5 Alexios Apokaukos zu schweren Erschütterungen kam. Patriarch Johannes Kalekas unterstützte Apokaukos, während Palamas der Ansicht war, dass der Staat nur durch Kantakouzenos bestehen würde. Die Einmischung des Palamas in die Politik bewirkte, dass er, der eigentlich nicht besonders zu politischer Aktivität neigte, den größten Teil seines weiteren Lebens in Gefängnissen und Verliesen zubrachte.

Inzwischen wurde im Juli 1341 ein weiteres Konzil einberufen, das Akyndinos verurteilte. Ende 1341 - Anfang 1342 begab sich Palamas in Klausur; erst ins Kloster des hl. Michael in Sosthenios6, und später (nach dem 12. Mai 1342) in eine dessen Einsiedeleien. Im Mai/Juni 1342 fanden zwei Konzilien statt, welche Palamas verurteilen sollten, allerdings keinerlei Wirkung hatten. Bald darauf begab sich Palamas nach Herakleia, von wo aus er 4 Monate später unter dem Schutz eines militärischen Konvois nach Konstantinopel überführt und dort unter Bewachung in einem Kloster eingeschlossen wurde. Nach einem zweimonatigen Aufenthalt in der Hagia Sophia, wo der hl. Gregor zusammen mit seinen Jüngern aufgrund des Asylrechts Unantastbarkeit genoss, wurde er im Palastgefängnis interniert. Im November 1344 wurde der hl. Gregor Palamas exkommuniziert, und Akyndinos, sein hauptsächlicher Gegner, wurde am Ende des gleichen Jahres erst zum Diakon, dann zum Priester geweiht. Allerdings wurde Palamas dank der veränderten politischen Umstände auf einem Konzil am 2. Februar 1347 rehabilitiert, während seine Gegner verurteilt wurden.

Nach dem Sieg des Johannes Kantakouzenos und seiner Proklamation zum Kaiser wurde der Patriarchensitz (am 17. Mai 1347) von Isidoros Buchiras eingenommen, welcher ein Freund der Hesychasten war; Gregor Palamas wurde kurz darauf zum Erzbischof von Thessalonike gewählt. Hier begann die dritte Etappe der palamitischen Auseinandersetzungen. Als Hauptgegner Palamas‘ trat Nikephoros Gregoras auf. Politische Unruhen in Thessalonike hinderten Gregor daran, die Stadt zur Erfüllung seines Amtes zu betreten. Hier waren die Zeloten Herren der Lage; diese waren Freunde der Palaiologen und Gegner Kantakouzenos‘. Sie verhinderten die Ankunft Palamas bis zur Eroberung Thessalonikes durch Kantakouzenos im Jahr 1350. Bis dahin besuchte Palamas den Athos und Lemnos. Als er schließlich nach Thessalonike kam, gelang es ihm, die Bewohner zu befrieden. Allerdings setzten seine Gegner ihre eifrige Polemik fort. Deshalb fanden im Mai/Juni und im Juli 1351 zwei Konzilien statt, welche seinen Gegner Nikephoros Gregoras verurteilten und Palamas als „Verteidiger der Frömmigkeit“ verkündeten. Auf dem ersten dieser Konzilien wurde die Lehre von der Einheit Gottes und der Unterscheidung zwischen dem (göttlichen – d.Ü.) Wesen und den ungeschaffenen Energien festgeschrieben. Das zweite Konzil verkündete sechs dogmatische Bestimmungen mit den entsprechenden sechs Anathemata, die gleich nach dem Konzil ins Synodikon (des Sonntags – d.Ü.) der Orthodoxie aufgenommen wurden. Außer der Festschreibung der oben genannten Unterscheidung zwischen dem Wesen und den Energien wurde hier die die Unmöglichkeit der Teilhabe am Göttlichen Wesen und die Möglichkeit der Teilhabe an den Göttlichen Energien, welche ungeschaffen sind, verkündet.

1354 begab sich Palamas auf den Weg nach Konstantinopel, um dort als Vermittler zwischen Kantakouzenos und Johannes Palaiologos aufzutreten; unterwegs wurde er von den Türken gefangen genommen, welche ihn ungefähr ein Jahr festhielten, bis die Serben das geforderte Lösegeld für seine Befreiung zahlten. Seine Gefangenschaft empfand er als passende Gelegenheit, bei den Türken die göttliche Wahrheit zu predigen, was er auch in die Tat umsetzte, wie man an seinem Schreiben an die Kirche in Thessalonike sieht, oder an zwei Texten von Unterredungen mit Vertretern der Türken. Er sah, dass die Zerstörung des Reiches durch die Türken nahezu unabwendbar war, weshalb er die Meinung vertrat, die Griechen müssten unverzüglich daran gehen, die Türken zum Christentum zu bringen.

Nach der Befreiung aus türkischer Gefangenschaft und seiner Rückkehr nach Thessalonike setzte der hl. Gregor seine bischöfliche Tätigkeit fort, bis 1359 oder – nach neueren Erkenntnissen – 1357, als er einem seiner alten Leiden erlag, die ihn seit langem plagten. Der hl. Gregor starb am 14. November im Alter von 63 (oder 61) Jahren. Anfangs wurde er als lokaler Heiliger in Thessalonike verehrt, aber schon bald, 1368, wurde er durch Konzilsbeschluss von Patriarch Philotheos Kokkinos offiziell in den Kalender der Hagia Sophia eingetragen; derselbe stellte auch seine Vita und den Gottesdienst zu seinen Ehren zusammen. Erst wurden die Gebeine des hl. Gregor in der Kathedrale der Hagia Sophia in Thessalonike untergebracht, heute wird ein Teil davon in der Metropolitenkathedrale zu Ehren des hl. Gregor Palamas nahe der städtischen Uferpromenade bewahrt.

Werke

Gregor Palamas schuf zahlreiche Werke theologischen, polemischen, asketischen und moraltheologischen Charakters, außerdem viele Homilien und Epistel.

„Die Vita Petros‘ des Athoniten“ ist das erste Werk des hl. Gregor Palamas; es wurde ungefähr 1334 geschrieben.

In den „neuen Schriften“ gegen die Werke des (Patriarchen – d.Ü.) Johannes Bekkos und in zwei apodiktischen Traktaten „Gegen die Lateiner“ (geschrieben 1334/35 oder, nach neuesten Erkenntnissen, 1355) wird die Frage nach dem Hervorgang des Heiligen Geistes erörtert. Der Heilige Geist als Hypostase geht „einzig vom Vater“ aus. „Die Hypostase des Heiligen Geistes ist nicht und vom Sohne; sie wird von niemandem gegeben und von niemandem empfangen, [solcher Art ist] aber die Göttliche Gnade und Energie“7. Wie auch in der Lehre des Nikolaos, Bischof von Methone, ist das Hervorgehen eine hypostatische Eigenschaft, während die Gnade, welche Energie ist, den Drei Personen der Heiligen Dreifaltigkeit gemein ist. Nur von dieser Gemeinheit ausgehend kann man davon sprechen, dass der Heilige Geist vom Vater und von Sohn wie auch von Sich Selbst hervorgeht. Diese Ansicht über das Hervorgehen ist die gleiche, wie sie in der Lehre des Nikephoros Blemmydes und Gregors von Zypern dargestellt ist, welche, die Treue zur Überlieferung der heiligen Väter bewahrend, Hoffnungen bezüglich des theologischen Dialogs zwischen Ost und West hegten.

Das Werk „Triaden zur Verteidigung der heiligen Schweiger“ wurde geschrieben, um den Angriffen Barlaams auf die Hesychasten entgegenzutreten; darin werden auch andere theologische Fragen beantwortet, die zum Gegenstand der Auseinandersetzungen wurden. Das Werk ist in drei Triaden unterteilt, jede davon besteht aus drei Traktaten. Die erste Triade, welche im Frühjahr 1338 in Thessalonike entstand, ist der Frage nach der Ergründbarkeit Gottes gewidmet. Indem er gegen die zu diesem Zeitpunkt gerade erst publik gewordene Meinung Barlaams auftritt, besteht Palamas darauf, dass der Weg der Gotterkenntnis keine äußerliche Philosophie ist, sondern eine Offenbarung in Christus. Christus hat den gesamten Menschen erneuert, deshalb ist der ganze Mensch, sowohl Seele, als auch Leib, dazu befähigt, am Gebet teilzunehmen. Der Mensch wird bereits in diesem Leben Gottes Gnade teilhaftig und kostet als eine Art Unterpfand das Geschenk der Vergöttlichung, welche er in Fülle in der kommenden Zeit kosten wird.

In der zweiten Triade (welche im Frühjahr-Sommer 1339 entstand) unterzieht er die Behauptung Barlaams, das philosophische Wissen könne dem Menschen das Heil bringen, einer scharfen Kritik. Der Mensch tritt nicht in die Gemeinschaft mit Gott ein, indem er geschöpfliche Mittel gebraucht, sondern einzig durch die Göttliche Gnade und durch die Teilhabe am Leben Christi.

Die dritte Triade (geschrieben im Frühjahr-Sommer 1340) beschäftigt sich mit der Frage der Vergöttlichung und mit dem Thaborlicht als ungeschaffene Göttliche Energie. Der Mensch kann nicht des göttlichen Wesens teilhaftig werden, sonst würden wir in einen Pantheismus verfallen; allerdings kann er der natürlichen Energie und der Gnade Gottes teilhaftig werden. Hier ergründet der hl. Gregor systematisch den seiner Lehre zu Grunde liegenden Unterschied zwischen dem Wesen und der Energie. Die gleichen Fragen werden in den fünf Briefen besprochen: drei an Akyndinos und zwei an Barlaam, die noch zu Beginn des Disputs geschrieben wurden.

In den Werken der Kategorie „Glaubenslehre“ (dem „Tomos Hagioretikos“ vom Frühjahr-Sommer 1340, dem „Glaubensbekenntnis“ u.a.) und in den Schriften, die unmittelbar mit der Auseinandersetzung zu tun haben („Über die Göttliche Einheit und Unterscheidung“, Sommer 1341; „Über die Göttliche und vergöttlichende Teilhabe“, Winter 1341/42; „Dialog des orthodoxen Theophanos mit Theotimos“, Herbst 1342 u.a.) sowie auch in 14 Sendschreiben, die Mönchen, Geistlichen und Laien adressiert sind (der letzte Brief ist an die Kaiserin Anna Palaiologos gerichtet) werden weiterhin strittige Fragen zwischen Palamas einerseits und Barlaam bzw. Akyndinos andererseits erörtert.

Die sieben „Antirrhitika gegen Akyndinos“ (entstanden zwischen 1342 und [deren letzte] nicht vor dem Frühjahr 1345) wurden verfasst, um den entsprechenden Antirrhitika gegen Palamas entgegenzutreten, die von Gregor Akyndinos verfasst wurden. In ihnen geht es um die Folgen der Missachtung einer Unterscheidung zwischen dem Wesen und den Energien in Gott. Akyndinos, der die Meinung ablehnte, dass die Gnade Gottes eine natürliche Energie des göttlichen Wesens sei, sondern annahm, sie wäre vielmehr geschöpflichen Wesens, verfällt letztlich in eine Häresie, die schlimmer ist, als die des Arius. Die Gnade Gottes, so Palamas, erscheint den Heiligen als ungeschaffenes Licht, ähnlich dem, das die Apostel bei der Verklärung Christi wahrnahmen. Dieses ungeschaffene Licht und die Energien Gottes überhaupt sind allgemein der Ausdruck des einen Wesens des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

„Gegen Gregoras“ schrieb Palamas 4 entkräftende Homilien (die erste und zweite 1355/56; die dritte und vierte 1356/57). Gregoras vertrat die theologischen Thesen Barlaams, indem er behauptete, die Gnade Gottes und besonders das Licht der Verklärung sei geschaffen. Palamas widerlegt die Argumente Gregoras‘ und behauptet seinerseits, dass das Licht der Verklärung weder Geschöpf noch Symbol waren, sondern ein Abglanz des göttlichen Wesens und einer Bestätigung einer wirklichen Kommunion zwischen Gott und Mensch.

Alle oben genannten Schriften Palamas‘ zeichnen sich durch einen deutlich polemischen Charakter aus, der auf die Widerlegung seiner Gegner ausgerichtet ist. Palamas artikuliert allerdings seine theologischen Thesen in voller Klarheit ebenso in den weniger polemischen theologischen und asketischen Werken. In den „150 theologischen, moralischen und praktischen Kapiteln“ (1349/50) legt er die grundlegenden Themen seiner Lehre in kurzen Kapiteln dar, womit er sich der für alle asketischen Schriftsteller des Ostens typischen Methode bedient. In manchen Fällen bringt er ganze Passagen aus seinen früheren Werken. Seine Theologie systematisierend, legt er sie in Klarheit und Fülle dar, nebst seinen philosophischen Ansichten.

Die Schrift „An Xenia über die Leidenschaften und die Tugenden“ (1345/46) ist an eine Nonne gerichtet, welche mit der Erziehung der Tochter Kaiser Andronikos‘ III betraut war. Es handelt sich dabei um ein umfassendes asketisches Traktat, das dem Kampf mit den Leidenschaften und dem Erlangen der christlichen Tugenden gewidmet ist.

Während der Zeit des Bischofsdienstes in Thessalonike entstand vom Ambo der Kathedralkirche der größte Teil seiner 63 Homilien des hl. Gregor Palamas. In diesen Homilien spiegelt sich seine tiefe Spiritualität, theologische Begabung und Ergebenheit der Kirche wider. Obwohl die Homilien überwiegend asketisch-moralische und sozial-patrologischen Inhalts sind, findet sich in ihnen auch Platz für Betrachtungen über das Thaborlicht (in den Homilien 34, 35 „Über die Verklärung des Herrn“). Manche Zuhörer konnten den Gedanken der Homilien des hl. Gregors nicht folgen, weil es ihnen an Bildung mangelte. Er zieht es trotzdem vor, in elaboriertem Stil zu sprechen, um so „besser die auf der Erde liegenden aufzurichten, statt die in der Höhe befindlichen um derentwillen herabzureißen“. Im Übrigen kann jeder aufmerksame Zuhörer das Gesagte klar verstehen.

Aus den Texten, die in der Zeit seiner Gefangenschaft bei den Türken entstanden sind, ist besonders der „Brief an seine Kirche [in Thessalonike]“ wertvoll, welcher außer verschiedenen historischen Zeugnissen auch einige seiner Unterredungen beschreibt und Episoden enthält, in denen Türken vorkommen.

Außer den oben genannten sind eine Menge kleinerer Werke von entkräftendem, polemischem, asketischem und theologischem Inhalt erhalten, sowie auch vier Gebete.

Lehre

Der hl. Gregor Palamas teilte der Theologie durch den Gebrauch einer schöpferisch überarbeiteten Terminologie eine gewisse neue Richtung mit. Seine Lehre war nicht einfach von philosophischen Begriffen geprägt, sondern bildete sich auf vollkommen anderen Prinzipien. Er treibt Theologie auf der Grundlage persönlicher spiritueller Erfahrung, die er in der Askese als Mönch und als Streiter wider jene bekam, welche den Glauben verzerrten, welchen er theologisch untermauerte. Deshalb begann er auch nicht in jungen Jahren, sondern erst in recht fortgeschrittenem Alter damit, seine Werke zu schreiben.

1. Philosophie und Theologie

Barlaam vergleicht das Wissen mit Gesundheit, welche er nicht unterteilt in Gesundheit, die Gott gewährt, und Gesundheit, welche man dank der Kunst eines Arztes besitzt. Ebenso ist das Wissen, göttliches und menschliches, also die Theologie und die Philosophie, dem kalabrischen Denker zufolge eines8: „Die Philosophie und die Theologie sind als Gottes Gaben vor Gott gleichwertig“. Als Antwort auf den ersten Vergleich schreibt der hl. Gregor davon, dass es Ärzten unmöglich ist, unheilbare Krankheiten zu heilen, sie können zum Beispiel keine Toten auferwecken9.

Weiterhin zieht Palamas eine absolut deutliche Unterscheidung zwischen Theologie und Philosophie, indem er sich vollkommen auf die Überlieferung der heiligen Väter stützt. Das äußere Wissen unterscheidet sich absolut vom wahren und geistlichen Wissen, es ist unmöglich, „vom [äußeren Wissen] irgend etwas Wahres über Gott zu erfahren“10. Dabei besteht zwischen dem äußeren und dem geistlichen Wissen nicht bloß ein Unterschied, sondern sogar ein Widerspruch: „es steht dem wahren und geistlichen Wissen feindlich gegenüber“11.

Palamas zufolge gibt es zwei Arten Weisheit: die Weisheit der Welt und die göttliche Weisheit. Wenn die Weisheit der Welt der göttlichen Weisheit dienlich ist12, stellen sie einen Baum dar, bei dem die erste Weisheit Blätter, die zweite die Früchte hervorbringt13. Ebenso ist „die Art der Wahrheit zweierlei“14: eine Wahrheit bezieht sich auf die gottinspirierte Schrift, die andere auf die äußere Bildung und Philosophie. Diese beiden Arten der Wahrheit verfolgen nicht nur verschiedene Ziele, sondern beruhen auch auf unterschiedlichen, ihnen zugrunde liegenden Prinzipien. Die Philosophie, die von den Sinneseindrücken ausgeht, gipfelt in der Erkenntnis. Die göttliche Weisheit aber beginnt von der Gnade aufgrund der Reinheit des Lebens, ebenso vom wahren Wissen des Seienden, welches nicht auf der Lehre, sondern auf der Reinheit beruht15. „Wenn du unrein bist, wirst du, auch wenn du alle Philosophie von Adam bis zum Ende der Welt erforscht hast, trotzdem ein Dummkopf bleiben, oder noch schlimmeres, keinesfalls aber ein Weiser“16. Das Ende der Weisheit ist „ein Unterpfand der kommenden Zeit, ein Nicht-Wissen, das alles Wissen übersteigt, ein geheimnisvolles Teilhaben am Geheimnisvollen, ein nicht auszudrückendes Sehen, ein geheimnisvolles und nicht ausdrückbares Schauen und Erkennen des ewigen Lichts“17.

Die Vertreter der äußerlichen Weisheit unterschätzen die Kraft und die Gaben des Heiligen Geistes, d.h. sie kämpfen gegen die geheimnisvollen Energien des Geistes an18. Die Weisheit der Propheten und der Apostel wird nicht durch Belehrung erworben, sondern vom Heiligen Geist geschenkt19. Der Apostel Paulus, der bis in den dritten Himmel entrückt worden ist, wurde nicht durch Gedanken und den Verstand erleuchtet, sondern empfing die Erleuchtung „der Kraft des gütigen Geistes der Hypostase nach in seiner Seele“20. Die Erleuchtung, welche in einer reinen Seele stattfindet, ist keine Erkenntnis, weil sie jeden Gedanken und jedes Erkennen übersteigt21. Das „hauptsächliche Gute“ wird von Oben herab gesandt, ist eine Gabe der Gnade und keine natürliche Gabe22.

2. Gotterkenntnis und Gottesschau

Barlaam schloss jede Möglichkeit der Gotterkenntnis und der apodiktischen Darlegung von Syllogismen über das Göttliche aus, denn für ihn war Gott unergründbar. Er ließ nur eine gewisse symbolische Gotterkenntnis zu, und das selbst nicht im irdischen Leben, sondern erst nach der Trennung des Leibes und der Seele.

Palamas ist damit einverstanden, dass Gott unergründbar ist, allerdings schreibt er diese Unergründbarkeit der grundlegenden Eigenschaft des Wesens der Gottheit zu. Seinerseits hält er eine gewisse Erkenntnis für möglich, wenn der Mensch bestimmte Voraussetzungen des Wissens von Gott erfüllt, Welcher durch Seine Energien zugänglich wird. Gott ist gleichzeitig ergründbar und unergründlich, bekannt und unbekannt, aussprechbar und unaussprechlich. Das Wissen von Gott kommt von der „Theologie“, welche zweierlei Natur haben kann: eine kataphatische und eine apophatische. Die kataphatische Theologie hat ihrerseits zwei Wege: den Verstand, der durch die Betrachtung des Seienden zu einer gewissen Erkenntnis gelangt23, sowie die Schrift und die Väter.

Im Corpus Areopagiticus wird der apophatischen Theologie Vorrang eingeräumt, bei welcher der Asket, die Grenzen alles Sinnlichen hinter sich lassend, in die Tiefe der Göttlichen Finsternis eintaucht24. Nach dem heiligen Gregor Palamas ist das, was den Menschen aus der Kataphatik herausführt, der Glaube, welcher ein Beweis oder ein Über-Beweis für das Göttliche ist: „…besser als jedweder Beweis und ein gewisser, gleichermaßen keinen Beweis benötigender Anfang eines heiligen Beweises ist der Glaube“25. P. Christou schreibt, dass in der Lehre Palamas‘ die „apophatische Theologie ein übernatürliches Wirken des Glaubens“ darstellt26.

Eine geistlich-erfahrungsgemäße Bestätigung des Glaubens ist die Schau, welche die Theologie krönt. Im Unterschied zu Barlaam steht für den hl. Gregor die Schau über allem, einschließlich der apophatischen Theologie. Es ist eine Sache, von Gott zu reden oder zu schweigen, eine andere ist es, Gott zu leben, zu sehen und zu besitzen. Die apophatische Theologie hört nicht auf, „Logos“ zu sein, und „die Schau steht noch über dem Logos“27. Barlaam sprach von der kataphatischen und apophatischen Betrachtung, Palamas dagegen von der Betrachtung, die über der Betrachtung steht, die mit dem Übernatürlichen in Verbindung steht, mit der Kraft des Verstandes als Wirken des Heiligen Geistes.

An der Betrachtung, die über der Betrachtung steht, sind die Augen des Verstands beteiligt, nicht aber die Gedanken, und zwischen beidem besteht eine unüberwindbare Schlucht. Das Besitzen der wahren Schau vergleicht Palamas mit dem Besitz von Gold; es ist eine Sache, daran zu denken, eine andere, es in seinen Händen zu halten. „Das Treiben von Theologie ist dieser Gottesschau im Lichte genauso unterlegen und genauso weit von der Kommunion mit Gott entfernt, wie das Wissen über etwas von dessen Besitz entfernt ist. Von Gott zu sprechen und Ihm zu begegnen ist nicht dasselbe“28. Er unterstreicht die besondere Bedeutung des „Erleidens“ des Göttlichen im Vergleich mit dem kataphatischen oder apophatischen „Theologisieren“29. Jene, welche sich des unausprechlichen Sehens als würdig erweisen, erkennen das, was über dem Sehen ist, nicht apophatisch, „sondern vom Sehen im Geiste dieser vergöttlichenden Energie“30. „Die Vereinigung und das Sehen in der Finsternis“ ist höher als „solche Theologie“31.

Insgesamt kann man sagen, dass Palamas die orthodoxe Theologie von einem „Agnostizismus“ bewahrt, den Barlaam einzuführen versuchte. Die christliche Theologie kann, von der Einheit und der Unterscheidung des Göttlichen Wesens und der Energien ausgehend, auch noch apodiktische Syllogismen über Gott formulieren.

3. Das Wesen und die Energien in Gott

Gott ist dem Wesen nach unergründlich, aber der objektive Wert Gottes Offenbarung in der Geschichte des Menschen wird in Seinen Energien erkannt. Das Sein Gottes besteht aus seinem „selbstexistenten“ Wesen32, das unergründlich bleibt, und Seinen Handlungen, oder Energien, die ungeschaffen und ewig sind. Durch die Unterscheidung von Wesen und Energien wird das Erreichen eine Erkenntnis Gottes möglich, der im Wesen unerkennbar ist, aber vermittels Seiner Energien durch jene erkennbar ist, die eine gewisse Stufe der spirituellen Vollkommenheit erreicht haben. Die Unergründbarkeit und die Unmöglichkeit der Teilhabe am göttlichen Wesen schließt für den Menschen jedwede unmittelbare Teilnahme daran aus.

Die Lehre von der Unterscheidung zwischen Wesen und Energien ist besonders in den Werken der kappadozischen Väter (4. Jh.) vertreten, beim hl. Johannes Chrysostomos (Ende 4./Anfang 5. Jh.), im Corpus Areopagiticus (Anfang 4. Jh.) und beim hl. Maximos Confessor (7. Jh). Für die kappadozischen Väter ist die Lehre von der Ergründbarkeit des göttlichen Wesens als eine der Thesen des Eunomios unannehmbar, welcher, für alle Menschen gleiche Möglichkeiten der Erkenntnis Gottes und unseres Herrn Jesu Christi postulierend, auf diese Weise den Sohn Gottes erniedrigte. Für den Autor der Areopagitica ist diese Lehre eine organische Folge aus der im Corpus entwickelten apophatischen Theologie. Der heilige Maximos Confessor, der durch seine erhabene Lehre über die Logoi von innen heraus die noch nicht überwundenen Rester des Origenismus widerlegt, hat damit gleichzeitig in vielerlei Hinsicht die Lehre des heiligen Erzbischofs von Thessalonike vorweggenommen.

Im Verlauf des Frühmittelalters wurde ein Streit zwischen Nominalisten und Realisten über das Sein der Ideen geführt, folglich also auch über die Eigenschaften Gottes. Einen Widerhall dieses Streits kann man auch in den palamitischen Auseinandersetzungen hören: die Antipalamiten bestritten die wirkliche Existenz der Eigenschaften, Palamas unterstrich ihre Existenz in der Frühphase der Polemik sogar übermäßig, in dem er sagte, das eine sei die Gottheit, etwas anderes das Reich, die Heiligkeit usw33[.] Sie sind in Gott wesentlich, wie es in dem von Palamas zitierten Sedalion zu Christi Verklärung heißt: „Den von Deinem Leib verborgenen Glanz, Christe, Deines Wesens und der göttlichen Herrlichkeit hast Du auf dem heiligen Berge gezeigt“ – und in seinen eigene Triaden, wo er vom „Licht der göttlichen und wesentlichen Herrlichkeit“34sprach.

Gregor Palamas selbst unterstrich vielfach die Einheit von Wesen und Energien. „Obwohl die göttliche Energie von dem göttlichen Wesen unterschieden wird, ist doch im Wesen und der Energie die eine Gottheit Gottes“35. Der zeitgenössische griechische Kirchenhistoriker und –rechtler Blasios Pheidas formulierte die Lehre des hl. Gregor folgendermaßen: „…[die Unterscheidung] des nicht mittelbaren göttlichen Wesens und der mitteilbaren Energien trennt die ungeschaffenen Energien nicht vom göttlichen Wesen, denn in jeder Energie ist Gott ganz anwesend, weil das göttliche Wesen unteilbar ist“36.

4. Vergöttlichung und Heil

Die Unterscheidung zwischen Wesen und Energie in Gott gab Palamas die Grundlage für eine rechte Beschreibung der Erneuerung des Menschen, welche in Christus stattgefunden hat. Während Gott dem Wesen nach unergründlich bleibt, gibt Er dem Menschen die Möglichkeit, über Seine Energien mit Ihm in eine wirkliche Kommunion zu treten. Der Mensch, welcher der göttlichen Energien oder der göttlichen Gnade teilhaftig wird, empfängt der Gnade nach das, was Gott dem Wesen nach besitzt. Durch die Gnade und durch die Gemeinschaft mit Gott wird der Mensch unsterblich, ungeschaffen, ewig, endlos, mit einem Wort, er wird Gott. „Gänzlich werden wir zu Göttern, ohne Ihm dem Wesen nach gleich zu sein“37. Alles das bekommt der Mensch von Gott als ein Geschenk der Gemeinschaft mit Ihm, als eine Gnade, die vom Wesen Gottes Selbst ausgeht, dessen aber der Menschen nie teilhaftig werden kann. „Die Vergöttlichung der Engel und der Menschen ist nicht das überwesentliche Wesen Gottes, sondern die Energie des überwesentlichen Wesens Gottes, die in den Vergöttlichten zugegen ist“38.

Wenn der Mensch nicht aktiv an der ungeschaffenen vergöttlichenden Gnade teilnimmt, bleibt er ein geschöpfliches Resultat der schöpferischen Energie Gottes, und die einzige Verbindung, die er mit Gott hat, ist die Verbindung, welche eine Schöpfung mit ihrem Schöpfer hat. Während das natürliche Leben des Menschen ein Resultat der göttlichen Energie ist, ist das Leben in Gott seine Teilhabe an der göttlichen Energie, welche zur Vergöttlichung führt. Das Erreichen dieser Vergöttlichung wird durch zwei höchst wichtige Faktoren bestimmt – der Konzentration und der Hinwendung des Verstandes zum inneren Menschen und dem immerwährenden Gebet in einem gewissen geistlichen Wachen, dessen Krönung die Gemeinschaft mit Gott wird. In diesem Zustand bewahren die menschlichen Kräfte ihre Energie, ungeachtet dessen, dass sie über das für sie gewöhnlichen Maß emporsteigen. Ähnlich, wie Gott zum Menschen herabsteigt, so beginnt auch der Mensch sein Emporsteigen zu Gott, damit diese ihre Begegnung wahrhaftig stattfindet. In ihr wird der ganze Mensch vom ungeschaffenen Licht der Herrlichkeit Gottes erfasst, das ewig von der Dreifaltigkeit ausgeht, und der Verstand wird durch das göttliche Licht emporgerissen und wird selbst zu Licht. Auf diese Weise schaut dann der Verstand als Licht selbst das Licht. „Die vergöttlichende Gabe des Geistes ist das unausprechliche Licht, und es verwandelt jene in göttliches Licht, die seiner teilhaftig werden“39.

Hier berühren wir eines der wichtigsten Elemente der Lehre Palamas‘. Die Erfahrung der Vergöttlichung und das Heil des Menschen sind mögliche Realität, angefangen vom jetzigen Leben mit der herrlichen Verbindung von historischem und überhistorischem. Die Seele des Menschen kostet schon hier die Erfahrung des göttlichen Lichts und die göttliche Herrlichkeit. Das Licht, das die Jünger auf dem Thabor sahen, das Licht, das die reinen Hesychasten heute sehen, und die Existenz der Güter der künftigen Zeit sind drei Etappen ein und desselben Ereignisses, die in einer überzeitlichen Realität zusammenlaufen40. Allerdings ist die momentane Realität für die künftige, wenn der Tod überwunden ist, ein Unterpfand41.

Die Gleichsetzung von Wesen und Energie in Gott, welche von den Gegnern Palamas‘ gelehrt wurde, zerstört im Grunde die Möglichkeit dessen, dass das Heil stattfindet. Wenn es keine ungeschaffene Gnade und Energie Gottes gibt, dann hat der Mensch entweder am göttlichen Wesen teil, oder er kann keinerlei Gemeinschaft mit Gott haben. Im ersten Fall kommen wir zum Pantheismus, im zweiten zerstören wir die Grundlagen des christlichen Glaubens, dem zufolge dem Menschen die Möglichkeit geboten ist, wahrhaftig in die Gemeinschaft mit Gott zu kommen, welche im Gottmenschen Jesus Christus zustande gekommen ist. Die ungeschaffene Gnade Gottes befreit die Seele des Menschen nicht von den Augen des Leibes, sondern erneuert den gesamten Menschen und erhöht ihn dahin, wohin Christus bei Seiner Himmelfahrt die menschliche Natur emporgehoben hat.

5. Die Lehre vom ungeschaffenen Licht

Die Lehre Palamas‘ vom ungeschaffenen Licht der göttlichen Verklärung ist eine der grundlegenden, seine Werke dominierenden Richtungen. Er spricht aus seiner eigenen Erfahrung, die der Ausgangspunkt seiner Theologie war. Das Licht, das Christus bei der Verklärung erleuchtet hat, war nicht geschöpflich, sondern Ausdruck für die göttliche Größe, welche die Jünger zu sehen würdig gewesen sind, nachdem sie die Möglichkeit dieser Schau durch eine entsprechende Vorbereitung durch die göttliche Gnade bekommen hatten. Dieses Licht war kein geschöpfliches „Symbol der Gottheit“, wie Barlaam annahm42, sondern göttlich und ungeschaffen. Der heilige Gregor antwortete Barlaam: „Der ganze Chor der göttlichen Theologen scheute sich, die Gnade dieses Lichts als Symbol zu bezeichnen… damit niemand dieses höchste göttliche Licht geschöpflich und der Gottheit fremd nannte…“43.

Der heilige Maximos Confessor bezeichnet zwar dieses Licht tatsächlich als Symbol, aber nicht im Sinne eines sinnlichen Symbols, das etwas Höheres und Geistliches symbolisiert, sondern im höchsten „analogischen und anagogischen“ Sinne, der für den menschlichen Verstand vollkommen unergründbar bleibt, aber in sich die Erkenntnis der Theologie trägt und sie dem mitteilt, der zu schauen und anzunehmen fähig ist44. Der heilige Maximos schreibt auch vom Thaborlicht als einem „natürlichen Symbol der Gottheit“ Christi45. Indem er den Gedanken des heiligen Maximos interpretiert, stellt der heilige Gregor Palamas ein unnatürliches Symbol einem natürlichen gegenüber46, das Sinnliche – dem Sinn über dem Sinnlichen, wenn „das Auge Gott nicht mit Hilfe eines fremden Symbols, sondern Gott wie ein Symbol schaut“47. „Der Sohn, der anfangslos vom Vater geboren ist, besitzt anfangslos einen natürlichen Strahl der Göttlichkeit; die Herrlichkeit Gottes aber wird zur Herrlichkeit des Leibes…“48.

Folglich ist das Thaborlicht die ungeschaffene Energie Gottes49, welche von den „gereinigten und begnadeten“ Geistesaugen des Herzens50geschaut wird. Gott „wird als Licht geschaut und macht jene, die reinen Herzens sind, zu Licht, weshalb Er auch als Licht bezeichnet wird“51. Das Licht vom Thabor ist nicht nur höher als die äußerliche Erkenntnis, sondern auch als die Erkenntnis aus der Schrift. Die Erkenntnis aus der Schrift gleicht einem Leuchter, der an eine finstre Stelle gelangen kann, das Licht der geheimnisvollen Schau gleicht einem hellen Stern, „wie die Sonne einer ist“52. Wenn man das Thaborlicht auch mit der Sonne vergleicht, so bleibt dies eine Analogie. Der Charakter des Thaborlichts ist übersinnlich. Das Thaborlicht war weder vom Verstand ergründbar, noch sinnlich, sondern über Sinn und Erkennen. Deswegen erstrahlte Er auch „nicht wie die Sonne, sondern heller als die Sonne. Obwohl man über sie auch der Ähnlichkeit wegen spricht, gibt es zwischen ihnen keinerlei Gleichheit…“53.

Diese Schau des Lichts ist authentisch, real und vollkommen, die Seele nimmt daran teil und zieht die gesamte Einheit aus Körper und Seele des Menschen in diese Schau hinein. Das Schauen des Lichts führt zur Einheit mit Gott und ist ein Anzeichen für diese Einheit: „Jener, welcher dieses Licht hat, und der es schaut, ist unausprechlich und nicht nur in der Vorstellung größer, sondern durch die wahre Schau und dadurch, dass er sich über allem Geschöpf befindet, kennt er Gott und hat Gott in sich, denn er wird nie von der ewigen Herrlichkeit getrennt“54. Die Schau des ungeschaffenen Lichts im irdischen Leben ist ein wertvolles Geschenk, der Vorhof der Ewigkeit: „…das ungeschaffene Licht wird nun den Würdigen als Unterpfand gewährt, und in der Ewigkeit wird es sie endlos erleuchten“55. Das ist eben jenes Licht, das die wahren Hesychasten schauen, dessen auch Palamas selbst teilhaftig geworden ist. Das ist auch der Grund dafür, dass Palamas selbst zu einem Boten der Gnade und des Lichts geworden ist.

Autor: Dionisij (Schljonow), Igumen

Quelle: Bogoslov.ru

Fußnoten


  1. Der Text der Veröffentlichung beruht auf Materialien der „Zeitgenössischen Patrologie in neugriechischer Sprache“ von P. K. Christou (Ἐκκλησιαστικὴ γραμματολογία. Τ. 2. Θεσσαλονίκη, 2003. Σ. 44-49), W. D. Phanurgagis (Ἡ χριστιανικὴ γραμματεία. Θεσσαλονἰκη, 1985. Σ. 207-214), H.G. Sotiropulos (Νηπτικοὶ καὶ πατέρες τῶν μέσων χρόνων. Ἀθῆναι. S. A. Σ. 66-75), den Artikeln von P. K. Christou in der „Enzklopädie für Religion und Ethik (Ἀθῆναι, 1964. Σ. 775-796); er berücksichtigt auch den Artikel von M. Bernatskij, Erzpriester Walentin Asmus et al. im 13. Band der „Orthodoxen Enzyklopädie“ (Moskau, 2006; S. 8-40), der höchst wertvoll und im wissenschaftlichen Sinn aktuell ist. An diesen Artikel verweisen wir den Leser, der auf der Suche nach weiterführender Information ist. Der größte Teil der Werke des hl. Gregor Palamas wir nach der kritischen Ausgabe von P. K. Christou zitiert: Γρηγορίου τοῦ Παλαμᾶ Συγγράμματα. T. A΄-Ε΄. Θεσσαλονίκη, 1988-1992 (abgekürzt -- ΓΠΣ). 

  2. Gemeint ist der Berg Athos. –d.Ü. 

  3. Die Häresie der Messalianer, d.h. der „Beter“, trat am Ende des 4. Jahrhunderts auf. Außer der Ablehnung der Sakramente und anderer kirchlicher Gebote lehrten die Messalianer davon, dass die Gnade während des Gebets sinnlich spürbar sei. 

  4. Gr. μέγας δομέστικος, Oberbefehlshaber der Armee. – d.Ü. 

  5. Gr. auch μέγας δούξ; der Flottenadmiral, der allerdings (nach dem 13. Jh.) auch Landstreitkräfte befehligte. – d.Ü. 

  6. Heute Istinye in der Türkei. – d.Ü. 

  7. Apodiktisches Traktat 2, 48. ΓΠΣ. Bd. 1. Σ. 122:14-17. Russ. Übers. zit. nach: OE 13, S. 33. 

  8. Triaden II, 1:4f. 

  9. Triaden II, 1:4. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 266. 

  10. Triaden I, 1:12. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 86. 

  11. Triaden I, 1:10. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 82-84. 

  12. Vgl.: Triaden II, 1:6. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 270. 

  13. Vgl.: Hl. Basileos der Große, An die Jugend 2, PG 31, 568BC. 

  14. Triaden II, 1:5. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 270. 

  15. Vgl.: Triaden, I, 3:42. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 238. 

  16. Triaden I, 1:3. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 64. 

  17. Triaden I, 3:42. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 238-240. 

  18. Vgl.: Triaden I,1:15. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 96. 

  19. Vgl.: Triaden III, 1:37. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 638. 

  20. Triaden III, 1:38. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 239. 

  21. Vgl.: Triaden I, 3:52. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 258. 

  22. Vgl.: Triaden I, 1:21. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 112. 

  23. Triaden I, 1:3. 

  24. Mystische Theologie, 5. 

  25. Gegen Akyndinos, 6:1. 

  26. „Enzklopädie für Religion und Ethik” (ΘΗΕ). Bd. 13. Σ. 791. 

  27. Triaden II, 3:49. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 504-505. 

  28. Triaden I, 3:42. ΓΠΣ. Bd. 1. Σ. 453. Russ. Übers. zit. nach: OE 13, S. 30. 

  29. Vgl. Triaden II, 3:26. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 460f. 

  30. ebd. 

  31. Triaden II, 3:54. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 516f. 

  32. Gegen Gregoras 2. 

  33. Apologie. 

  34. Triaden III, 1:23. 

  35. Über die Einheit und die Unterscheidung. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 85. Russ. Übers. zit. nach: OE 13, S. 80. 

  36. Φειδᾶς Β. Ἐκκλησιαστικὴ ἱστορία. Σ. 211. 

  37. Theophanes PG 150, 936. 

  38. Triaden III, 1:33. 

  39. Οὕτως ἡ θεοποιὸς δωρεὰ τοῦ Πνεύματος φῶς ἐστιν ἀπόρρητον καὶ φῶς ποιεῖ θεῖον τοὺς πλουτήσαντας αὐτήν. Triaden III, 35:19-21. 

  40. Triaden I, 3:43. 

  41. Triaden II, 3:66. 

  42. Barlaam schrieb darüber, dass das Thaborlicht sinnlich gewesen ist „und in der Luft sichtbar war, damals zur Verwunderung auftrat und sofort wieder verschwand“ und es mit dem Begriff „Gottheit … als einem Symbol der Gottheit bezeichnet wird“. Vgl.: Triaden III, 1:11. ΓΠΣ Bd. 2. Σ. 586. 

  43. Triaden III, 1:13. ΓΠΣ Bd. 2. Σ. 592f. 

  44. Triaden III, 1:13. ΓΠΣ Bd. 2. Σ. 590-592. Vgl.: Maximos Homologetis, Über die Befremdungen, PG 91, 1125D-1128B, 1160D, 1165BC, 1168AB. 

  45. Maximos Homologetis, Über die Befremdungen, PG 91, 1160C. 

  46. Der Wert eines „natürlichen Symbols“ liegt darin, dass „das natürliche … immer mit der Natur gemeinsam existiert, von welcher es sein Sein hat, da es ja natürlich ist“. Triaden III, 1:14. 

  47. Triaden III, 1:35. 

  48. Triaden III, 1:19. 

  49. Zwei Anathemata des Konzils von 1351 sind gegen jene gerichtet, die das Thaborlicht nicht als ungeschaffene Energie Gottes annehmen. In der siebenten Verkündigung des gleichen Konzils wird das Gedächtnis jener geehrt, die das ungeschaffene Thaborlicht und die natürliche Herrlichkeit des göttlichen Wesens bekennen, die aber dem göttlichen Wesen nicht gleichgesetzt wird. 

  50. Triaden I, 3:17,38. ΓΠΣ Bd. 2. Σ. 188 und Σ. 228-230. 

  51. Triaden I, 3:40. ΓΠΣ Bd. 2. Σ. 234. 

  52. Triaden II, 3:18. ΓΠΣ Bd. 2. Σ. 448 

  53. Triaden II, 3:19. ΓΠΣ Bd. 2. Σ. 450 

  54. ebd. 

  55. Triaden II, 3:78. ΓΠΣ Bd. 2. Σ. 564f.