Wenn wir vom Großen Russland sprechen und davon träumen – was wollen wir denn von seiner Größe? Man möchte annehmen – stolz auf unser Land sein zu können. Am Häufigsten besteht dieser Stolz allerdings in der simplen und anekdotenhaften Formel: Wir, wir … Wir machen euch alle platt. Und das bekannte „Dank sei dem Opa für den Sieg“ wird gleichgesetzt mit „Wir haben euch fünfundvierzig einen reingebraten, und werden euch jetzt auch einen reinbraten“, und wie warm wird’s einem davon gleich ums Herz … Und in einem Hotel in der Türkei könnte man dann, betrunken, den Sieg mit ebenso betrunkenen Deutschen wiederholen – und so die Größe der Heimat bekräftigen.

Mir ist das nahe, und ich würde mich schon gern allen überlegen fühlen und in dieser Hinsicht auch Stolz auf mein Land – ich bin ja auch nur ein Mensch. Aber irgendwie hat sich mit fortschreitendem Alter und mit der Sinnsuche meine Sichtweise auf Russland geändert. Jetzt weiß ich sicher, worin seine Vorbestimmung sowohl im Globalen, als auch im Individuellen besteht. Mehr als der kurzzeitige und prickelnde irdische Stolz sollte den Menschen sein Geschick nach dem Tod interessieren, und wenn man zugrundelegt, dass wir – ob wir wollen oder nicht – unsterblich sind, so ist die Frage, in welchem Zustand wir diese Unsterblichkeit verbringen, von allererster Wichtigkeit.

Es gibt für Russland keinen anderen Glauben – nur die Orthodoxie. Für die Andersgläubigen gibt es die Russische Föderation, doch Russland und die Orthodoxie sind unzertrennliche Begriffe. Ich weiß nicht, was wem zum Heil gereicht, aber die russische Seele findet ihr Heil nur im orthodoxen Glauben, und den orthodoxen Glauben zu bewahren – das ist die Vorbestimmung Russlands. Ihn zu bewahren, damit der russische Mensch errettet in die Ewigkeit eingeht – ist es denn nicht das, was anzustreben wäre? Ist denn das wenig, und ist denn das nicht millionenfach wichtiger, als arroganter Stolz auf das Land, in dem man seinen Aufenthaltsort hat?

Doch kann ein schwaches Land den orthodoxen Glauben nicht retten und bewahren – seit Alters her attackiert der Westen die Rus vor allem ihres Glaubens wegen, da er sehr wohl weiß, worin die Stärke Russlands besteht. Und man muss stark sein, um seine Vorbestimmung zu erfüllen – das zu bewahren, was wichtiger ist als Russland …

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