Ich gebe mich nicht salbungsvoll – kaum, dass ich mich überhaupt als einen reuigen Sünder bezeichnen kann. Ich verabscheue vulgäre Schimpfworte in der Alltagssprache, bin bei der entsprechenden Laune aber durchaus dazu in der Lage, ordentlich zu fluchen – kurz, ein toller Christ, der ich bin. Aber ich bin mir absolut sicher, dass unser Volk ohne den Glauben nichts weiter ist als eine Herde grasfressender Tiere, welche ziellos die natürlichen Ressourcen unserer damit gesegneten Erde verfrisst. Ich meine nicht ohne Ideologie, sondern ohne den Glauben. Eine Ideologie kann in den Händen derer, die gern uneingeschränkt herrschen wollen, zu einem sehr bequemen Instrument werden; Harmonie jedoch kann sie nicht schaffen, einfach, weil sie nicht universal sein kann. Linke, Rechte und Liberale, sie alle sind Kinder der einen Erde und sie alle haben ein Existenzrecht. Im Notwendigen herrsche Einmütigkeit, im Zweifelhaften Freiheit. Doch was ist es denn, dieses Notwendige?

Denn schon wieder haben sie ein Stalin-Denkmal eingeweiht – das ist bedauerlich. Nicht, weil sie Stalin lobpreisen, sondern weil sie so gern unter Stalin leben würden: „Man braucht nicht zu denken – mit uns ist der, welcher alles für uns entscheiden wird“ (eine Textzeile aus einem Lied von Wladimir Wyssozki). Die Strugazki-Brüder haben zu ihrer Zeit in ihren Werken das Bestreben des Volks, sein Bewusstsein möglichst fremden, starken Händen zu überantworten, recht gut illustriert.

So süß, so berauschend ist es, nicht denken, keinen Anteil nehmen, keine Entscheidungen treffen zu müssen – man sagt dir, wie du denken und was du tun sollst. Gott verhüte es. Der freie Wille ist eine schreckliche und schwere Bürde, doch ist sie uns von Oben bestimmt. Ein Tor ist jemand, der denkt, dass der Glaube uns das Recht auf eigenständige Schritte nimmt; ganz im Gegenteil, er verpflichtet (!) uns dazu, selbständig laufen zu lernen.

Quelle: https://t.me/aleksandr_skif/2977