:chartophylax:

Vom Krieg der Ideen

Der Krieg ist auch zu einem geistlichen Schwert geworden, durch das die Wühlarbeit des Westens offen zutage tritt.

Autor: Alexander Chodakowski

26. März 2023

 Russland   Ukraine   Gesellschaft 
Lesezeit: ca. 4 Minuten

Ich habe mir diese Formulierung längst angewöhnt: Siege erfrischen, der Krieg hingegen macht einen schnell müde. Es ist zweifellos so, dass der Krieg – oder besser: die Formen, in denen er verläuft – das gesellschaftliche Bewusstsein und die gesellschaftlichen Prozesse beeinflusst. Hier ist es wichtig anzumerken, dass nicht allein der Charakter der Kampfhandlungen, sondern das Verständnis der ganzen Vielfalt an Umständen, die mit dem Krieg zu tun haben, auf die Gesellschaft einwirkt. Und wiederum eine Konkretisierung: Nicht allein das Verständnis all dessen, sondern das Verständnis des Krieges als etwas Klarem, Gerechtem und Unvermeidlichem.

Mir ist aufgefallen, dass es Menschen mit einem christlichen Bewusstsein sind, die ein weitestgehend vollständiges Verständnis vom Wesen des jetzigen Krieges haben. Die Friedfertigsten scheinen demnach die Kriegerischsten zu sein … Aber nein, sie sind nicht kriegerisch, hier geht es um etwas anderes. Denn der geistliche Krieg, der immerfort gegen uns geführt wird, ist keine Minute zum Erliegen gekommen – und ein Verstand, für den der Begriff des Geistlichen unabdingbarer Bestandteil des Denkens ist, begreift das sehr gut. Selbst, wenn die Politiker ihre eigenen Sinnbilder anboten und damit den Takt der „Synapsen“ des Volks trafen oder auch nicht, sahen Menschen mit einer orthodoxen Mentalität alles, was vor sich geht, mit ihren eigenen Augen und hatten keinen zusätzlichen Bedarf an der Triftigkeit von Politikerargumenten.

Doch es gibt eben Leute, die Bedarf an einer solchen Triftigkeit hatten und haben. Dass sie in bestimmten Köpfen fehlt, führt dazu, dass es dort nicht zur Ausbildung der notwendigen Motivation kommt. Das gilt nicht für die Vertreter jener Kategorie Menschen, deren Stimmen wir in dem spektakulären Dialog zwischen einem gewissen Josef und einem gewissen Farchad hören. Für solche „Josefs“ wäre selbst ein Hitler vor den Stadttoren Moskaus kein Grund für eine Mobilmachung, und auch damals schon hätten sie wegen ihrer Häuschen in London gejammert und über den schlimmen Stalin geheult.

Apropos Stalin. Stalin hatte alle seine Konkurrenten beseitigt, danach beseitigte Chruschtschow mit Schukows Hilfe den Berija, und später noch den Schukow selbst; dann beseitigten Breschnew und seine Kompanie Chruschtschow ... Die in der damaligen Elite herrschenden Sitten kann man sicher nicht als hochgeistlich, hochmoralisch oder hochethisch bezeichnen. Der Machtkampf führte gar dazu, dass am Vortag des Großen Vaterländischen Krieges ein Teil der Infanterieregimente der Sowjetarmee keine Kommandeure hatte, die wenigstens eine Militärschule absolviert hätten, geschweige denn die Akademie. Aber gesiegt hat sie doch?! Gesiegt hat sie, weil es eben nicht nur die Elite, sondern auch das Volk gibt. Und das Volk hat seine eigenen Gründe, aus denen es siegt.

Ja, in unserer heutigen Welt und ihren verwaschenen Motivationen ist das alles komplizierter, als es damals gewesen ist. Aber auch damals war es schon so, dass um die drei Millionen Menschen vor der Mobilmachung geflohen sind, und eine ganze Reihe an größeren Verbänden, die dazu in der Lage gewesen wären, eine Einkesselung zu durchbrechen, zogen es vor, sich zu ergeben ... Doch schließlich hat sich die Lage wieder begradigt, wir haben zu uns selbst gefunden und später gar noch zum Glauben an unsere eigene Kraft. Denkt nicht, dass es heute anders wäre. Wir sind noch nicht in dem Stadium angekommen, in dem der Atem des Verderbens so deutlich spürbar wäre, dass niemand mehr an dessen drohendem Hereinbrechen zweifeln könnte.

Und nochmals davon, was mir am wichtigsten ist: Das verdeckte Eindringen des Westens, seine geheime Wühlarbeit, die auf unsere allmähliche Vernichtung ausgerichtet ist, hätten durch nichts anderes ans Tageslicht gebracht werden können als durch die maximale Verschärfung unserer Beziehungen. Das, was der Präsident offenkundig beabsichtigt und auch getan hat, ist das Eine. Aber das, zu dessen Schwert er – ob willentlich oder nicht – geworden ist, das ist etwas ganz anderes. Einen offen auftretenden Feind kann man besiegen, aber einen Feind, der sich loyal gibt, während er seinem zerstörerischen Werk nachgeht – das ist fast unmöglich. Nunmehr wird es selbst innerhalb unseres Landes einfach zu erkennen und klar: Das Leben gibt uns zu verstehen, wer unter uns zu uns gehört und wer ein Fremder ist. Und nein – einen Bürgerkrieg mit den „Fremden“ unter uns wird es nicht geben. In jenem Bürgerkrieg waren beide Seiten dazu bereit, für ihre Ideale und Sinnbilder zu sterben, unsere jetzigen „Fremden“ jedoch können bestenfalls versuchen, das Volk zu verführen, damit es das tut, wozu sie selbst nicht fähig sind. Doch ich will hoffen, dass unser Volk schlau genug ist, nicht nach fremder Pfeife zu tanzen, und dass die Eliten genügend Gespür dafür entwickeln, die Veränderungen im Bewusstsein des Volks einzufangen und einen neuen gesellschaftlichen Vertrag zu formulieren.


Quelle: https://t.me/aleksandr_skif/2636